Thronrede der Queen: Die Untertanen müssen sparen

Mit einem pompösen Ritual stellt die Queen das neue Programm der Koalitionsregierung aus Tories und Liberalen Demokraten vor. Vor allem an der Überwachung wird gespart.

An dem alljährlichen Ritual zur Eröffnung der neuen Sitzungsrunde des Parlaments wird nicht gespart: Der Queens teurer Thron ist nicht in Gefahr. Bild: ap

DUBLIN taz | Schwarzpulver wurde nicht gefunden, als der Keller des britischen Parlamentsgebäudes in London gestern durchsucht wurde. Und auch der Abgeordnete, der im Buckingham-Palast als Geisel festgehalten wurde, kam später wieder frei. Mit Terrorismus hatte das freilich nichts zu tun. Kellerdurchsuchung und Geiselnahme sind Teil des pompösen Rituals, das alljährlich stattfindet, wenn die Queen die neue Sitzungsperiode des Parlaments formell eröffnet.

Die Suche nach Schwarzpulver geht auf das Jahr 1605 zurück, als katholische Engländer versuchten, den protestantischen König in die Luft zu sprengen. Die Geiselnahme stammt aus Zeiten, als der Monarch nicht sicher sein konnte, unversehrt in seinen Palast zurückzukehren.

In ihrer Thronrede stellte Königin Elisabeth das Regierungsprogramm vor, das ihr von der neuen Koalitionsregierung aus Tories und Liberalen Demokraten diktiert worden ist. Ein zentraler Punkt des Programms ist das Zurückfahren des Überwachungsstaates: Vorratsdatenspeicherung und Sperren für das Internet werden abgeschafft, das Demonstrationsrecht wird gestärkt, die Bürger erhalten bei Behörden ein Auskunftsrecht, DNA-Datenbanken und die öffentliche Kameraüberwachung werden stärker reguliert. 4,5 Millionen Kameras sind im ganzen Land installiert.

Bereits in den nächsten Tagen soll der von der Labour-Regierung geplante biometrische Personalausweis durch eine Gesetzesänderung eingemottet werden. Dadurch werden 86 Millionen Pfund in vier Jahren eingespart.

Insgesamt sollen 22 Gesetze bis zur nächsten Regierungserklärung im November nächsten Jahres verabschiedet werden, darunter die umstrittene Teilprivatisierung der Post sowie Reformen im Bildungs- und Gesundheitsbereich. Außerdem soll die Einwanderung aus Nicht-EU-Ländern eingeschränkt und die Macht aus Brüssel beschnitten werden, indem EU-Direktiven häufiger zur Volksabstimmung gestellt werden.

Im nächsten Jahr dürfen die Wähler darüber entscheiden, ob das Mehrheitswahlrecht durch das System der "Alternative Vote", bei dem 15 bis 20 Prozent der Abgeordneten von einer Liste gewählt werden, ersetzt wird.

Größte Priorität hat für die Regierung des Tory-Premierministers David Cameron und seines Vizes Nick Clegg von den Liberalen Demokraten die "schnellere Reduzierung des strukturellen Haushaltsdefizits und die Wiederherstellung des Wirtschaftswachstums". Ein neues Amt für die Haushaltsverantwortung soll künftig statt des Schatzkanzlers George Osborne eine Einschätzung der Wirtschaftslage liefern.

Osborne hatte bereits am Montag seine Sparpläne vorgelegt. Das Haushaltsdefizit hat die Rekordhöhe von 156,1 Milliarden Pfund erreicht. Das entspricht rund elf Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Allein in diesem Jahr sollen 6,25 Milliarden Pfund eingespart werden. Am stärksten werden die Gemeinden die Kürzungen zu spüren bekommen. Sie müssen mit 7,4 Prozent weniger Geld auskommen, und auch das Wirtschaftsministerium bekommt 836 Millionen Pfund weniger.

Darüber hinaus sollen Sonderzuwendungen für Beamte gekürzt und bis zu 700.000 Stellen im öffentlichen Dienst in den nächsten Jahren gestrichen werden. Die Bankensteuer, die Osborne in Erwägung zieht, soll der Regierung bis zu acht Milliarden Pfund einbringen.

Die Liberalen Demokraten waren im Wahlkampf noch vehement gegen ein drastisches Sparprogramm eingetreten. Die Koalition mit den Tories könnte ihnen langfristig schaden: Laut einer Umfrage des Guardian sagt ein Fünftel der Liberalen-Wähler, dass sie sich die Sache beim nächsten Mal überlegen werden.

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