Parlamentswahlen in Portugal: Premier muss um Posten bangen

Der Sozialist José Sócrates liegt mit seiner konservativen Herausforderin Manuela Ferreira Leite fast gleich auf. Trotz Konjunkturprogramm hat die Wirtschaftskrise das Land voll erfasst.

Portugals Premierminister José Sócrates und seine Herausfordererin Manuela Ferreira Leite liefern sich einen erbitterten Wahlkampf. Bild: dpa

MADRID taz | Die Portugiesen können sich glücklich schätzen. Wenn sie am 27. September an die Urnen gehen, haben sie tatsächlich die Wahl. Der Premierminister und Vorsitzende der Sozialistischen Partei (PS) José Sócrates und seine Herausfordererin Manuela Ferreira Leite von der konservativen Sozialdemokratischen Partei (PSD) liefern sich einen erbitterten Wahlkampf um Inhalte. Beide liegen in den Umfragen gleichauf. Wer regiert, wird die Kampagne der kommenden Tage sowie die Bündnisfähigkeit mit kleineren Parteien nach dem Wahltag entscheiden. Eine große Koalition, wie sie so mancher Leitartikler gern sähe, scheint eher unwahrscheinlich. Zu unterschiedlich sind die Programme angesichts der Wirtschaftskrise, die auch Portugal erfasst hat.

Portugal befindet sich seit 1993 in einem ständigen Auf und Ab. Das Land kämpft permanent um die Einhaltung der Maastrichter Verschuldungskriterien. In der aktuellen Finanzkrise steigt das Defizit jetzt auf 6 Prozent, das Doppelte dessen, was Brüssel erlaubt. Das Wirtschaftswachstum beläuft sich 2009 auf minus 3,4 Prozent. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 9,1 Prozent, so hoch wie seit 1987 nicht mehr. Schuld daran sind der Rückgang des internen Konsums, des Tourismus und der Exporte nach Spanien. Jetzt kommen auch noch die Bauwirtschaft und die schwache Industrie ins Stocken.

Der seit 2005 regierende Sozialist Sócrates (52) legte Ende 2008 ein Konjunkturprogramm von 2,2 Milliarden Euro auf. Damit sollen Infrastrukturen modernisiert, das Schulsystem verbessert und erneuerbare Energien gefördert werden. Neben der Einführung einer Geburtenprämie und der Anhebung des Mindestlohns habe seine Regierung "37.000 Unternehmen geholfen", zieht der Ingenieur Bilanz. Er gibt sich modern, verteidigt das Recht auf Abtreibung und die Homoehe. Es nutzt ihm nur wenig. In den vergangen Wochen sind seine Umfragewerte um knapp 6 Prozent gesunken.

Seine Herausfordererin Ferreira Leite redet vor allem von der Verschwendungssucht der Sozialisten. Sie propagiert eine drastische Kürzung der öffentlichen Ausgaben. Die Steuern sollen gesenkt, ein Teil der Rentenkasse und Krankenhäuser privatisiert werden. Im Falle eines Wahlsiegs will Ferreira Leite gar Großprojekte wie den Anschluss des Landes an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz via Spanien stoppen. Der Hochgeschwindigkeitszug sei nur im Interesse der spanischen Wirtschaft, wirft die Konservative Premier Sócrates vor. "Ich verteidige die Interessen unseres Landes. Und diese gehen über alles."

Was Ferreira Leite aber verschweigt: Sie unterzeichnete selbst als Wirtschaftsministerin das Hochgeschwindigkeitsprojekt mit Spanien. Und an der Expansion spanischer Unternehmen in Portugal ist sie auch nicht ganz unbeteiligt. 2006 gehörte Ferreira Leite der Führungsetage der spanischen Großbank Santander an.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.