Wahlen in Georgien: Saakaschwili ist wieder Favorit

Bei der von ihr durchgesetzten vorzeitigen Präsidentschaftswahl fühlt sich die Opposition benachteiligt.

Modernisierer, an dem das Volk zweifelte: Präsident Saakaschwili. Bild: dpa

MOSKAU taz US-Präsident George W. Bush nannte ihn einst "Leuchtturm der Demokratie". Im November 2003 stürzte Michail Saakaschwili in Georgiens sogenannter Rosenrevolution das korrupte Regime Eduard Schewardnadses. Die Kaukasusrepublik wählte den Volkstribun Saakaschwili daraufhin mit 98 Prozent zum neuen Präsidenten.

Am Sonnabend stellt er sich wieder der Wahl. Diesmal nicht ganz freiwillig. Im November erlosch das Leuchtfeuer des einstigen Hoffnungsträgers. Vier Jahre nach der Rosenrevolution kam es in Tiflis wieder zu Massendemonstrationen. Mehr als 60.000 Menschen protestierten gegen zunehmend autoritäre Tendenzen der politischen Führung und aus sozialen Gründen. Saakaschwilis Privatisierungspolitik führte zum wirtschaftlichen Aufschwung, verschärfte aber auch die soziale Ungleichheit.

Nach tagelangen Protesten setzte die Regierung Sicherheitskräfte ein, die mit großer Härte gegen Demonstranten vorgingen. Mehr als 500 Verletzte forderte der Einsatz am 7. November. Georgien war schockiert, der Präsident angezählt. Noch am 7. November verhängte er einen zweiwöchigen Ausnahmezustand, kündigte einen Tag später jedoch, wie von der Opposition gefordert, vorgezogene Präsidentschaftswahlen an.

Dies schien eine mutige Entscheidung zu sein, ist jedoch für Saakaschwili ohne allzu großes Risiko. Die Regierungspartei Nationale Bewegung kontrolliert alle politischen Einrichtungen und brachte nach einer Verwaltungsreform auch die wichtigen regionalen Körperschaften fest in ihre Hand. Die Mitarbeiter der Behörden und die Ordnungskräfte sind nach den Ereignissen im Herbst nicht an einem Herrschaftswechsel interessiert. Sie tun alles, um dem Dienstherrn den Sieg zu sichern, auch wenn dieser wie von der Verfassung vorgeschrieben vor der Wahl sein Amt niederlegen musste.

Dem Neunparteienbündnis der Opposition gelang es, binnen kurzem einen gemeinsamen Kandidaten zu nominieren. Der heterogenen Koalition gehören Kräfte des gesamten Spektrums an - von konstitutionellen Monarchisten bis radikalen Linken. Für die Koalition kandidiert der Geschäftsmann Lewan Gatschetschiladse, der als Politiker jedoch wenig Erfahrung hat. Sein wichtigstes Ziel ist die Umwandlung des Präsidial- in ein parlamentarisches System. Er bezeichnete bereits am Freitag das Wahlergebnis als gefälscht, da Saakaschwili die Behörden in seinen Wahlkampf eingebunden habe. Deshalb erwäge das Oppositionsbündnis, das Ergebnis nicht anzuerkennen.

Es kandidieren auch noch Vertreter anderer Oppositionsparteien, die sich an der Koalition nicht beteiligten. Der schillerndste ist der Milliardär "Badri" Patarkatsischwili. Der Miteigentümer des TV-Senders Imedi hatte im Herbst die Stimmung gegen Saakaschwili angeheizt. Auslöser der Proteste war ein Imedi-Interview mit Exverteidigungsminister Okruaschwili. Der warf dem Präsidenten vor, Mordkomplotte gegen politische Gegner geschmiedet zu haben. Okruaschwili sitzt jetzt in Deutschland in Auslieferungshaft. Imedi wurde im November von der Regierung geschlossen, sendete später aber wieder. Inzwischen haben die Journalisten von selbst aufgehört.

"Ginge es mit rechten Dingen zu, würde es wohl zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Saakaschwili und Gatschetschiladse hinauslaufen", meint Walter Kaufmann vom Büro der Heinrich-Böll-Stiftung in Tiflis. Sollte Saakaschwili in der ersten Runde keine absolute Mehrheit erhalten und eine Stichwahl erforderlich sein, wäre dies schon ein großer Erfolg für Georgien.

Davon geht der politische Beobachter Ramas Sachwarelidse schon aus. Er hält eine zweite Runde für unumgänglich: "Kein Kandidat bekommt mehr als 25 Prozent der Stimmen". Viele Georgier werten es schon als Fortschritt, dass der Sieger nicht schon vorher eindeutig feststeht.

Saakaschwili war nie der Demokrat, für den er vor allem im Westen gehalten wurde. Der in den USA ausgebildete Jurist versteht sich als Modernisierer. Diese Überheblichkeit hat er das Volk spüren lassen. Für die Aufkündigung des Dialogs wurde er von der Gesellschaft abgestraft. Der Westen wird trotzdem zu ihm halten, weil er die Opposition für keine handlungsfähige Alternative hält. Parallel zur Wahl wird auch über Georgiens Beitritt zur Nato abgestimmt.

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