Dänisches Gericht urteilt: Taxifahrer sollen diskriminieren

Ein dänisches Gericht bestätigt das Schleuserurteil gegen deutschen Taxifahrer. Der hatte bei einer Fahrt über die Grenze die Ausweise seiner ausländischen Fahrgäste nicht kontrolliert.

Erst Ausweise kontrollieren, dann ins Taxi steigen. Bild: dpa

STOCKHOLM taz Ein Taxifahrer, der Fahrgäste aus Nicht-EU-Ländern innnerhalb der EU über eine Grenze befördert, ohne sich vergewissert zu haben, dass diese gültige Ausweispapiere haben, kann sich der illegalen Schleusertätigkeit schuldig machen. Das dänische Landgericht „Vestre Landsret" in Sønderborg bestätigte mit dieser am Dienstagabend ergangenen Entscheidung ein erstinstanzliches Urteil. Und verurteilte einen 40-jährigen Taxifahrer aus Flensburg wegen vorsätzlicher Beihilfe zur illegalen Einreise zu einer Haftstrafe von 50 Tagen.

Jörg Ridder hatte am 3. Januar 2008 drei Afghanen über die deutsch-dänische Grenze bei Flensburg-Padborg zur Weiterfahrt nach Kopenhagen gefahren. Seine Fahrgäste waren dabei nicht im Besitz gültiger Einreisepapiere gewesen, wie sich kurz nach der Grenze bei einer Polizeikontrolle in Dänemark herausstellte.

Das Amtgericht in Sønderborg hatte den Taxifahrer deshalb im Januar zu 50 Tagen Haft und einem Einreiseverbot nach Dänemark verurteilt. Letzteres wurde nun aufgehoben, da nach Auffassung des Landgerichts von Ridder keine Gefährdung für Dänemark ausgehe. Ansonsten aber bestätigte das Berufungsurteil die Vorinstanz: Mangelnde Ausweiskontrolle könne einen Verstoss gegen Paragraph 59 des dänischen Ausländergesetzes darstellen, der Beihilfe zur illegalen Einreise mit einer Haftstrafe von bis zu zwei Jahren bestraft. Es genüge hierzu ein „nahe liegender Verdacht". Den hätte der Taxifahrer haben müssen: Seine Fahrgäste hätten weder deutsch noch dänisch gesprochen und sie hätten kaum Gepäck dabei gehabt.

Dass eine solche Pflicht zur Kontrolle von Ausweispapieren speziell bei Nicht-EU-AusländerInnen möglicherweise einen Verstoss gegen das deutsche Antidiskriminierungsgesetz dargestellt hätte, ließ das Gericht nicht als Argument gelten. Entscheidend sei die Rechtslage in Dänemark. Doch auch dort ist diese alles andere als eindeutig. Man würde die Fahrgäste diskriminieren, wenn „wir dann wohl zwischen schwarz und weiß unterscheiden müssen, ob wir einen Fahrgast von Kopenhagen zum Familiengeburtstag ins schwedische Malmö fahren dürfen", kritisiert beispielsweise Klaus Hendriksen, Vorsitzender des Verbands der dänischen Taxifahrervereinigung STFF.

Der „Fall" Ridder erregte Aufsehen und schaffte es nicht nur in die ZDF-Talkshow von Johannes B. Kerner. Es gab Demonstrationen und Blockadeaktionen von Taxi-KollegInnen an der dänischen Grenze. Und die Forderung nach klaren Richtlinien und europaweit verbindlichen Regelungen wurde sowohl seitens der Berufsverbände als auch von zahlreichen dänischen wie deutschen PolitikerInnen erhoben. Der für Justiz und Sicherheit zuständige EU-Vizepräsident Franco Frattini nahm Stellung: Seiner Meinung nach würden die Vorschriften für die Einreise von Staatsangehörigen dritter Staaten nach EU-Richtlinie nicht unter die Anti-Diskriminierungsgesetze fallen. Jeder Taxifahrer könne sich also Ausweise und Pässe vorlegen lassen, ohne selbst dafür mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen.

„Ich finde nicht, dass Taxifahrer die Aufgabe haben, Hilfsgrenzpolizisten zu sein, um damit die im Schengen-Bereich entfallenen Grenzkontrollen zu ersetzen", meint dagegen Lars Nauheimer, dänischer Verteidiger von Jörg Ridder. Er kündigte an, gegen das jetzige Berufungsurteil nun vermutlich das Oberste dänische Gericht („Højesteret") anrufen zu wollen.

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