Eskalation im Nordjemen: Saudi-Arabien greift ein

Im Kampf gegen die schiitischen Rebellen des Huthi-Stammes im Norden des Jemen hat die saudische Armee mehrere Soldaten verloren. Bombardiert wurde die Stadt Sadaa.

Der ursprüngliche Konflikt ist eskaliert. Bild: dpa

Dschebel Duchan - der Berg des Rauches - nennt sich der Höhenzug, der die Grenze zwischen Saudi-Arabien und dem südlichen Nachbarn Jemen markiert. Und tatsächlich werden dort seit Tagen die Rauchsäulen der Einschläge saudischer Artilleriegranaten von saudischen Journalisten beobachtet, die den Rebellenkrieg im südlichen Teil der arabischen Halbinsel seit Tagen aus der Ferne betrachten.

Der Grund für ihr neu gewecktes Interesse: Der ursprüngliche Konflikt zwischen der schwachen jemenitischen Zentralregierung und den schiitischen Huthi-Rebellen im Norden des Jemen eskaliert gerade dramatisch zu einem regionalen Konflikt. Seit mindestens drei Tagen sind nun auch saudische Truppen direkt in die Kämpfe verwickelt.

Die saudische Luftwaffe und Artillerie hat die Rebellenstellungen drei Tage in Folge unter Beschuss genommen, ließ der stellvertretende saudische Verteidigungsminister Prinz Chaled bin Sultan am Sonntag verlauten. Die saudischen Truppen, betonte er, seien aber nicht auf jemenitisches Gebiet vorgedrungen. Inzwischen hat die amtliche saudische Nachrichtenagentur zugegeben, dass es drei saudische Gefallene und vier vermisste saudische Soldaten gibt, 15 Soldaten sollen verletzt worden sein. Angeblich sei die Gegend um Dschebel Duchan jetzt wieder vollkommen unter Kontrolle.

Aus Militärkreisen und von arabischen Diplomaten verlautete aber, dass seit Donnerstag von den Saudis auch Ziele tief im Jemen angegriffen würden. Der Huthi-Rebellensprecher Muhammad Abdel Salam erklärte, dass auch ein Markt in der nordjemenitischen Stadt Sadaa von den Saudis bombardiert worden sei.

Außerdem seien mehrere saudische Soldaten auf jemenitischem Territorium von den Rebellen gefangen genommen worden, erklärte er gegenüber der arabischen Fernsehstation al-Dschasira und forderte ein Ende der "ungerechten saudischen Aggression". Die Rebellen zeigten sogar ein Video, das beweisen soll, dass saudische Truppen in das Gebiet der Aufständischen im Norden des Jemen vorgedrungen sein sollen. Es lässt sich aber nicht von unabhängiger Seite verifizieren. Im Kriegsgebiet gibt es keine Journalisten oder unabhängigen Beobachter. Die Lage ist völlig unübersichtlich.

Was im Sommer in dem seit fünf Jahren schwelenden Konflikt durch eine jemenitische Regierungsoffensive gegen aufständische schiitische Huthi-Rebellen im eignen Land begann, weitet sich nun immer weiter regional aus. Aus einer Zusammenarbeit zwischen Jemen und Saudi-Arabien in Sachen Militäraufklärung im Grenzgebiet ist inzwischen eine sunnitische Waffenbrüderschaft gegen die schiitischen Rebellen geworden.

Außerdem wirft die jemenitische Regierung dem Iran immer wieder vor, die Rebellen zu unterstützen, ohne dafür aber bisher schlüssige Beweise geliefert zu haben. Am 28. Oktober haben die Jemeniten ein iranisches Boot mit einer Waffenlieferung für die Rebellen aufgebracht, vermeldete die Regierung. Aber einer der Huthi-Führer, Abdul-Malik al-Huthi, erklärte daraufhin im Fernsehsender al-Dschasira, dass es im Jemen mehr als genug Waffen gäbe und dass die Rebellen auch große Mengen Material von der regulären jemenitischen Armee erbeutet hätten.

Die Huthi-Rebellen haben sich das erste Mal vor fünf Jahren gegen die Zentralregierung erhoben, der sie vorwerfen, das unzugängliche Gebiet im Norden vollkommen zu vernachlässigen. Sie klagen die Regierung an, sich zunehmend mit sunnitischen Islamisten zu verbünden, die die jemenitischen Schiiten als eine abtrünnige Sekte betrachten. Die Regierung in Sanaa sieht in der Rebellenbewegung dagegen eine Separatistenbewegung, die im Jemen ein schiitisches Imamat errichten will.

Versuche, in dem Konflikt, bei dem bisher mehrere hundert Menschen, darunter auch zahlreiche Zivilisten umgekommen sind, einen Waffenstillstand zu erreichen, sind immer wieder gescheitert. Der jemenitische Präsident gab sich am Wochenende erneut unnachgiebig. "Wir werden nicht aufhören, bevor wir dieser tyrannischen, verräterischen Söldnergruppe ein Ende bereitet haben", egal wie viel Geld und Tote das koste, erklärte er und gab auch indirekt zu, dass der Konflikt jetzt eskaliert ist, indem er hinzufügte. "Der richtige Krieg hat erst jetzt angefangen, was wir bisher erlebt haben, war für unsere Einheiten nur ein Ausbildungsprogramm."

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