Wieder verschwundene Daten in England: Gläserne Gefangene

Es geht halt immer mal was verloren im Vereinigten Königreich. Diesmal sind es die Daten von sämtlichen 84.000 Gefangenen - samt Informationen des Geheimdienstes.

Sensible Daten von sämtlichen Gefängnis-Insassen sind verloren gegangen. Bild: dpa

DUBLIN taz Geheimakten sind in Großbritannien alles andere als geheim. Den Behörden sind in den vergangenen zehn Monaten vertrauliche Informationen über die Hälfte der Bevölkerung abhandengekommen. Diesmal sind die Gefangenen die Opfer. Dossiers über 10.000 Schwerverbrecher, persönliche Daten und Geheimdienstinformationen von 33.000 Mehrfachstraftätern sowie die Namen, Geburtsdaten und teilweise auch die Entlassungstermine von sämtlichen 84.000 Gefangenen in England und Wales sind verschwunden.

Die Daten waren von der Beraterfirma PA Consulting auf einem Memory-Stick gespeichert worden. Wie der abhandengekommen ist, weiß man nicht.

Scotland Yard vernimmt zurzeit Zeugen und wertet die Aufnahmen aus Überwachungskameras aus. Innenministerin Jacqui Smith ist nun erneut in die Kritik geraten, denn die Daten stammen aus ihrem Ministerium. Der Tory-Abgeordnete Keith Vaz vom Innenausschuss sagte, wenn man "Memory-Sticks wie Konfetti" verteile, müsse man prüfen, ob die Privatfirmen notwendige Sicherheitsvorkehrungen getroffen haben. Der Datenverlust könnte weitreichende Folgen haben: Gefangene, die mit der Polizei kooperieren, haben Vergeltungsmaßnahmen zu befürchten; entlassene Gefangene könnten Polizeischutz verlangen; und wieder andere könnten die Regierung auf Schadensersatz verklagen, wenn ihre Daten von Dritten benutzt werden. Letzteres ist eher unwahrscheinlich: Wer legt sich schon eine falsche Identität als Verbrecher zu?

Der Verlust der Gefangenendaten ist die neueste Peinlichkeit in einer langen Liste von Pannen. Im Frühjahr wurden Akten des Geheimdienstausschusses über al-Qaida und Untersuchungen über die Manipulation des Bankensystems zur Finanzierung des Terrorismus in der Eisenbahn gefunden. Im Januar war einem Offizier der Laptop mit Daten von 600.000 Menschen, die sich bei Marine und Luftwaffe beworben hatten, entwendet worden. Im Dezember gingen die Daten von 3 Millionen Führerscheinprüflingen verloren.

Die Liste lässt sich verlängern. Voriges Jahr verschwanden zwei Computer-Disketten, die Daten über sämtliche Kindergeldempfänger enthielten - insgesamt 25 Millionen Menschen. Die Akten über die Sicherheitsvorkehrungen für den Londoner Flughafen Heathrow wurden von Passanten am Flughafenzaun gefunden, die Papiere über Schutzmaßnahmen für den damaligen Innenminister David Blunkett lagen vor einer Kneipe. Darüber hinaus sind der Regierung in den vergangenen drei Jahren mehr als tausend Computer abhandengekommen.

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