Streit über geplante Internet-Sperren: Regierung erwägt Kontrolle des BKA

Familienministerin von der Leyen geht auf die Gegner der von ihr geplanten Internet-Sperrlisten zu: Ein unabhängiges Gremium könne sicherstellen, dass das BKA nur Kinderporno-Seiten blockt.

Im Streit über Sperren gegen Kinderporno-Seiten erwägt die Regierung nun Zugeständnisse an Kritiker. Bild: dpa

BERLIN dpa/taz Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) reagiert auf die Kritik an ihrem Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Kinderpornografie mittels Internet-Sperrlisten. Im Interview mit "Spiegel Online" stellte sie die Gründung eines unabhängigen Gremiums in Aussicht, das die Zusammenstellung der Sperrlisten überwachen soll. Die Experten sollten vor Ort beim Bundeskriminalamt Einsicht in die Listen nehmen, um festzustellen, "ob ausschließlich Kinderpornografie nach Paragraf 184b StGB (Strafgesetzbuch) geblockt wird". Das sei eine "vertrauensbildende Maßnahme". Bislang ist keine Kontrollinstanz für das Bundeskriminalamt vorgesehen.

Kritiker des Gesetzentwurfes befürchten, dass die einmal geschaffene Struktur missbraucht werden könnte, um auch andere missliebige Inhalte im Internet zu zensieren. Der Gesetzentwurf von der Leyens wird am heutigen Mittwoch im Bundestags-Ausschuss für Wirtschaft und Technologie beraten. Unmittelbar davor sagte von der Leyen in einer Erklärung: "Ich nehme berechtigte Kritik am Vorhaben der Bundesregierung ernst. Von meinem Ziel, die freie Verfügbarkeit der Bilder vergewaltigter Kinder im Netz zu stoppen, lasse ich mich jedoch keinen Deut abbringen."

Der Gesetzentwurf sieht bislang zudem vor, die Sperrlisten nur wochentäglich zu aktualisieren. "Da gibt es Nachbesserungsbedarf", räumte von der Leyen im Gespräch mit "Spiegel Online" ein. Sie zieht dem Bericht zufolge nun in Betracht, die Sperrungen auch auf das Wochenende auszuweiten.

Von der Leyens Gesetzentwurf ist umstritten. Kritiker hatten Anfang Mai innerhalb von nur vier Tagen die nötigen 50 000 Online- Unterzeichner gefunden, um den Petitionsausschuss des Bundestages einzuschalten. Sie werfen der Regierung vor, dass die Pläne ungeeignet seien, um den Missbrauch von Kindern zu verhindern. Außerdem sei die Informationsfreiheit im Internet gefährdet, wenn das Bundeskriminalamt verdächtige Websites auf eine Liste setzt, die Internet-Provider dann sperren müssten.

Franziska Heine, die Initiatorin der Bundestags-Petition, forderte einen internationale Meldestelle zu schaffen. Jeder Internet-Nutzer solle illegale Webseiten an die Organisation melden können, die diese Informationen dann an die zuständigen Behörden des betreffenden Landes weiterleitet, sagte Heine der Wochenzeitung "Der Freitag". Diese Aufgabe könnte beispielsweise ein Kinderschutzverein übernehmen.

Der Verband der deutschen Internetwirtschaft (eco) warnte, Sperren und Blockierungen von Websites dürften "nur flankierende Maßnahmen" sein. Viel wichtiger sei es, kinderpornografische Inhalte von Servern in Deutschland und der EU zu entfernen, sagte Oliver Süme, der stellvertretender eco-Vorstandsvorsitzende, am Mittwoch in Berlin. Das Gesetz könnte dazu verleiten, dass entsprechende illegale Seiten nur blockiert und nicht vollständig gelöscht werden.

Der Arbeitskreis gegen Zensur, zu dem unter anderem auch der Chaos Computer Club gehört, will indes mit einem praktischen Beispiel das Argument entkräften, dass das Löschen von kinderpornografischen Seiten und Inhalten aufwendig sei. Auf eine Initiative des Arbeitskreises hin seien innerhalb von nur zwölf Stunden europaweit 60 Internet-Angebote von den informierten Providern gelöscht worden.

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