Chinesische Nachrichtenseiten: Anonyme Kommentare verboten
China schränkt die Internet-Freiheit weiter ein. Auf Nachrichtenseiten wird gerade die Möglichkeit abgeschafft, anonyme Kommentare abzugeben.
Kommentare auf chinesischen Nachrichtenseiten dürfen künftig nicht mehr anonym sein. Wie die New York Times am Wochenende meldete, existieren seit kurzem entsprechende geheime Regierungsvorgaben, die einen Registrierungszwang vorsehen. Große chinesische Portale wie Netease, Sina, Sohu und viele weitere hätten Anfang August damit begonnen, die anonyme Kommentarmöglichkeit abzuschalten.
Zuvor konnten Nutzer in vielen Fällen direkt und ohne Anmeldung ihre Meinung abgeben; wollte man den Verfasser in Erfahrung bringen, mussten Behörden den Provider einschalten, um die Internet-Protokoll-Adresse zurückzuverfolgen. So viel Mühe müssen sie sich künftig nicht mehr machen: Neben dem Klarnamen wird bei den Portalen inzwischen sogar die persönliche Identifikationsnummer vor dem ersten Posting verlangt.
Die neuen Vorgaben sind laut dem Bericht vor allem deshalb geräuschlos eingeführt worden, weil Peking breite Nutzerproteste vermeiden wollte. Die hatten im Sommer dazu geführt, dass ein auf jedem neu gekauften Rechner zwangsweise vorgesehener Jugendschutzfilter ("Grüner Damm") dann doch nur zur freiwilligen Vorgabe wurde.
Die neue Zwangsregistrierung vor dem Kommentieren ist allerdings keineswegs umgehungssicher. Wie die "New York Times" weiter meldet, lassen sich auch gefälschte Namen, Handy- und ID-Nummern zur Anmeldung nutzen, ein zentraler Abgleich mit staatlichen Datenbanken scheint nicht stattzufinden. Offensichtlich setzen die chinesischen Internet-Kontrolleure auf das Wohlverhalten der User und deren Angst, sich nicht an die Vorgaben der Nachrichtenseiten zu halten.
Beobachtern zufolge ist die Abschaffung anonymer Kommentare nur ein weiterer Schritt hin zu einer verschärften Netzkontrolle in China. Schon jetzt sorgt dort ein ausgeklügelter Zensurfilter dafür, dass kritische Angebote nicht eingesehen werden können. Kritische Blogger und andere Netzdissidenten werden regelmäßig verhaftet.
Ziel der Initiativen sei es eine "größere soziale Verantwortung" und mehr "Höflichkeit" im Netz herzustellen, so die Regierung. Das bedeutet vor allem, dass der schon jetzt nur sehr kleine Freiheitsraum Internet in China weitere eingeschränkt werden dürfte.
Leser*innenkommentare
der Leyen ist nicht Hu Jintao, Freunde
Gast
@Rod:
Die chinesische Regierung bekennt sich einen Dreck zu ihrer Zensur, in deren Verfassung stehen die gleichen Menschen-/Bürgerrechte, wie bei uns. (Hält sich halt keiner dran)
@Christian & Co
Der Vergleich der Rechtswahrung in Deutschland und China ist wirklich geschmacklos, ich als chinesisches Regierungsopfer käme mir verarscht vor!
Ausgewandert
Gast
Sehr geehrter Herr Schaefer, wieso ist es eine Selbstverstaendlichkeit das Menschenrechte aufgrund einer diffusen Sicherheitslage eingeschraenkt werden? Sollte eine funktionierende Gesellschaft nicht im Stande sein durch gemeinsames und kollegiales Verhalten die Sicherheit selbst herzustellen und nur im Fall der Ausnahme (Notstandsgesetze) sollte der Staat eingreifen? In Dtl. wurde ich letztens am Flughafen fuer eine halbe stunde aufgehalten weil meine durchsichtige Plastiktuete kein Verschlusssystem hatte. (Anschliessend durfte ich 2Eur fuer verschliessbare tueten bezahlen und ein zweites mal durch die sicherheitskontrolle) Dies alles geschah im Intresse unserer Sicherheit!????
Der Kontrollzwang den sich unser Mutterstaat erlaubt, erinnert mich eher daran das er sein Kind (also den Buerger) nicht zur selbststaendigkeit erzieht sondern so stark wie moeglich im Schoss behalten will! Und das nicht nur im Bezug zur Sicherheitslage.
Thomas Schäfer
Gast
Ich finde es abstoßend, in welchem Maße Deutschland mit China auf eine Stufe gestellt wird; irgendjemand leidet da unter massivem Realitätsverlust. Es ist natürlich eine Selbstverständlichkeit, dass schon vor Schäubles Vorgänger Meinungsfreiheit udn andere Menschenrechte in Deutschland mit dem Verweis auf die Sicherheit deutlich eingeschränkt wurden. Dennoch ist dies nicht mit dem Willkürsystem in China zu vergleichen: dort werden Menschen wg. solcher "Delikte" für Jahre weggesperrt in Arbeitslager. Dort sehe ich diese massive Repression u.a. auch im Zusammenhang mit dem Niederkartätschen von Tibetern und andern Minderheiten; d.h. jegliche Aktivität, die die Herrschaft der KPCH bedrohen könnte, wird gewaltsam unterbunden.
Ausgewandert
Gast
Letztendlich laeuft mal wieder alles darauf hinaus ob nun in China oder Deutschlan den Menschen unter Generalverdacht zu stellen. Aber wie schon weiter unten geschrieben, mit dem unterschied das wir ja in der "freien" Welt leben. Ich hoffe das der Staat endlich seinen Buergern mehr Verantwortung zutraut nur so kann ein demokratischer Staat funktionieren und nicht in die Position eines Vormunds rutschen. Diesen Prozess koennen wir in Dtl. im Namen des Anti-Kampfes immer mehr beobachten!
olc
Gast
Es ist doch etwas völlig anderes, ob der private Betreiber einer Website (ob Bild oder focus oder sonstwer) Kommentare löscht, oder ob der Staat die User zwingt ihe Identität im Internet Preis zu geben.
Zudem hat freie Meinungsäußerung in Deutschland zum Glück noch nicht den Effekt, dass am nächsten Tag die Polizei vor der Tür steht, weswegen das Argument man müsse hier ja schließlich auch ein Impressum angeben nicht zieht.
Ich sehe die Entwicklung der Bürgerrechte der letzten Zeit auch mit großer Sorge aber es ist keinem geholfen, wenn ihr die Situation schlimmer darstellt als sie ist.
Auch bei uns
Gast
Auch bei uns werden Kommentare unterdrückt und ohne Kommentar gelöscht, selbst bei belanglosen Meldungen aus dem Sport.
Beispiel: Ein Artikel über Herrn Frings von Werder Bremen und dem Auszug aus seinem Haus. In den Kommentaren wurde beschrieben, dass es in Bremen schon bekannt ist, dass er eine "Neue", inklusive Wohnung hat.
Diese Kommetare und die Möglichkeit weitere zu diesem Artikel zu schreiben, wurde schnellsten unterbunden. Schon Merkwürdig!
http://www.bild.de/BILD/sport/fussball/bundesliga/vereine/werder/2009/08/27/torsten-frings/zieht-zu-hause-aus.html
Anonymous
Gast
Die Situation in China lässt sich nicht mit der Zensur z.B. auf welt.de vergleichen. Als Inhaber der Website steht es dem Springerverlag natürlich frei, unliebsame Meinungen zu löschen.
In China wacht eine Internetpolizei darüber, dass auf den Webseiten auch keine falschen Meinungen stehen. Berichte über bestimmte Ereignisse werden sofort gelöscht. Als hätten die Ereignisse nie stattgefunden. Und wer durch solche Berichte auf sich aufmerksam macht, der lebt gefährlich.
Wenn man dort seinen Namen angeben muss, dann ruft da wahrscheinlich nach nem kritischen Kommentar die Internetpolizei an und weist darauf hin, dass man sich besser zügeln sollte.
Und wenn man was schreibt, was der breiten Masse oder nationalistischen Hackercrews nicht passt, dann wird man dort schnell zum Ziel der "Human Flesh Search Engines". Resultat: Rufmord, Drohungen usw.
asda
Gast
so wie die usa als außer- und innerpolitisch vorbild hergenommen werden, wird china immer mehr zum heiße kandidaten für die neueste politkopie!
weiter so!
drusus
Gast
Mal kurz aufgelacht..haha..noch ein paar weitere Urteile des Hamburger Skandalgerichts und bei uns wagt eh keiner mehr irgendeine Form von Meinung im Internet zu veröffentlichen (siehe Haftung zu Forenbeiträgen usw.).
Aber Hauptsache das Schema steht: der freie Westen vs. die zensierenden Chinesen.
Christian
Gast
Also ich erwarte irgendwann das unsere Politiker sagen werden.. das was in China gemacht wird ist gut und schön,das müssen wir auch haben.Nur so können wir unsere Nation schützen,das wir jeden überwachen.das ist Sicherheit
Na ja 1984 lässt grüßen
Rod
Gast
In Deutschland sind wir doch auch nicht besser dran: Vorratsdatenspeicherung, Abschaffung des Briefgeheimnis, Abschaffung des Bankgeheimnis, Sperrung von Internetseiten mittels geheimer Sperrliste, Impressumpflicht von Webseitenbetreibern, Abmahnwahn usw.
Die chinesische Regierung bekennt sich wenigstens offen zur Zensur und Überwachung, wogegen die deutsche Regierung Überwachung und Zenzur das KO-Argument der Kinderpronographie vorschiebt, der Endeffekt ist aber derselbe.
orwell
Gast
Ist auf den deutschen Nachrichtenseiten doch auch nicht anders, da wird zensiert, teilweise sogar die geposteten Kommentare noch verändert bevor sie freigeschaltet werden.
ANONYM
Gast
In Deutschland wurde schon vorher die Moeglichkeit abgeschafft anonyme Kommentare abzugeben.
Markus G.
Gast
Wolfgang Schäuble hat auch schon daran gedacht, dass man nur noch ins Internet kommen soll, wenn man sich ausweist. Und Ursula von der Leyen hat zuletzt Beleidigungen im Internet als großes Problem hingestellt. Wenn die CDU weitermachen kann, wie sie will - und ich befürchte das kann sie egal ob mit SPD oder FDP - haben wir vermutlich auch bald chinesische Verhältnisse hier.
GonZoo
Gast
Da kann ich nur müde lächeln - Zensoren der Online-Kommentare bei "Focus online" hauen gnadenlos alles weg, was nicht ins eigene Weltbild paßt. Und ohne sich zu registrieren geht da ohnehin nichts. Kritische Kommentare über das Merkel, Atomkraft etc. sucht man dort meist vergebens.
kleiner Spinner
Gast
Wir haben übrigens auch eine Impressumpflicht für Webseiten.
anke
Gast
Es ruiniert eben jeder seinen Fortschritt so gut er es vermag. Die chinesische Gesellschaft wächst nach Ansicht der Verantwortlichen offenbar in allen Bereichen noch immer viel zu schnell. Sieht aus, als wollte China den Westen in Bezug aufs Internet überholen, noch bevor es ihn in Bezug auf seine sonstige Leistungsfähigkeit auch nur ansatzweise eingeholt hat. Das kann dem Westen nur recht sein, sollte man meinen. Bei dem Karftaufwand, mit dem er selbst gerade an seinem Freiheitsast herumsägt...