FC Schalkes Finanzkrise: Das Pfandhaus des Westen

Bei Schalke 04 sieht es nur sportlich rosig aus. Gläubiger Schechter will nichts als Geld, und Trainer Magath freut sich bizarrerweise auf eine Lizenzprüfung durch die Fußball-Liga.

Freude nur über die Tore: Kuranyi und Magath. Bild: reuters

Nun ist es offenbar auch der Deutschen Fußball-Liga (DFL) zu heikel geworden. Eigentlich versucht der Verband im Rahmen seines Lizenzierungsverfahrens sicherzustellen, dass alle 36 Profiklubs ohne Liquiditätsprobleme durch die Saison kommen, meist gelingt das auch. Doch bei Schalke 04 scheint da irgendetwas schiefgelaufen zu sein. Dass der Klub frisches Geld sucht, hat auch Manager Felix Magath mittlerweile eingeräumt, angeblich fehlt eine gigantische Summe, von mehr als 20 Millionen Euro ist die Rede.

"Es ist schon merkwürdig, dass die DFL das nicht gesehen hat", sagt Stefan ten Doornkaat, ein Finanzfachmann, der an der Entwirrung der komplexen Krise bei Borussia Dortmund vor fünf Jahren beteiligt war. Doch offensichtlich ist das Schalker Geflecht mit seinen vielen Tochterunternehmen, undurchsichtigen Kontobewegungen und der Anleihe des Finanzmaklers Stephen Lloyd Schechter selbst für Experten nur schwer durchschaubar.

Noch schleierhafter wurde die Lage, als in den vergangenen Wochen bruchstückhafte Informationen in der Öffentlichkeit auftauchten, Sicherheitskonten sind angeblich leer gewesen, es soll eine Rebellion gegen Finanzchef Peter Peters gegeben haben. Die Offiziellen schweigen, ein klares Bild ergab all das nicht. Zumal solche Informationen in der Regel von Eingeweihten an die Öffentlichkeit gebracht werden, die eigene Interessen verfolgen.

Nun haben Recherchen der Süddeutschen Zeitung zumindest ein wenig Licht ins Dunkel gebracht. Neben der Liquiditätsproblematik, die möglicherweise mit Spielerverkäufen oder der Veräußerung von Stadionanteilen gelöst werden kann, wird Stephen L. Schechter mehr und mehr zum Problem. Zunächst 75 Millionen Euro und später noch einmal 10 Millionen zusätzlich haben die Schalker von dem US-Banker und seiner Londoner Firma Prudential Trustee Company Limited geliehen. Als Sicherheit hat der Klub die Zuschauereinnahmen verpfändet.

Für Schechter ist das eigentlich ein sicheres Geschäft, bisher hat der Revierklub stets pünktlich gezahlt, und üppige Zuschauereinnahmen gibt es in Gelsenkirchen vermutlich sogar in der Dritten Liga. Der ehemalige Schalker Finanzchef Josef Schnusenberg hat Anfang 2009 im Manager-Magazin erklärt: "17 Millionen haben wir bezahlt, 68 Millionen sind noch fällig, jedes Jahr also rund 7 Millionen."

Dennoch berichtet die SZ, dass sie über ein Schriftstück verfügt ("Streng privat und vertraulich"), in dem Schechter "wegen angeblicher Vertragsbrüche mit der Fälligstellung der Anleihen für Ende Oktober und Forderungen in Höhe von 102,8 Millionen Euro" gedroht habe. Offenbar hat der Banker ein völlig neues Finanzierungsmodell für Schalke entwickelt. In dem vertraulichen Schreiben an den Schalke-Aufsichtsrat fordert er einen Beratungsvertrag über zunächst monatlich 50.000 Euro für "allgemeine finanzielle Ratschläge".

Auch angesichts solcher komplexen Finanzierungsmodelle sieht Steuerrechtler ten Doornkaat "gewisse Ähnlichkeiten zwischen der Situation von Borussia Dortmund vor einigen Jahren und Schalke 04". Mit den Schulden (136 Millionen Euro) hat die Schieflage hingegen nur wenig zu tun. Bayern München hat über sein Tochterunternehmen Allianz-Arena München Stadion GmbH rund 250 Millionen Euro Schulden und ist trotzdem halbwegs gesund. Das Problem auf Schalke bleibt das Ungleichgewicht zwischen Ausgaben (rund 60 Millionen Euro für Kader und Trainerstab) und Einnahmen (kein Europapokal).

Einiges deutet darauf hin, dass Aufsichtsratschef Clemens Tönnies schon jetzt zumindest vorrübergehend privates Vermögen in den Verein einbringt, damit die Geschäfte weiterlaufen. In dieser Notlage sieht Schechter möglicherweise eine Chance, mit Schalke noch mehr Geld zu verdienen, sicher jedoch gibt es einen gefährlichen Konflikt mit dem wichtigen Gläubiger. Die im Sommer zu Schechter übermittelten Unterlagen seien "entweder Zeichen vollständiger Unkenntnis oder eines Versuchs, die Liquiditätsprobleme zu verschleiern", schrieb Schechter an den Aufsichtsrat. Der Banker, der nicht überall einen guten Ruf besitzt, ist verärgert, deshalb droht aus London die größte Gefahr.

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