Rummenigge und das Kartellamt: Der Duft des Geldes

Will der FC Bayern aus der Zentralvermarktung der Liga ausscheren? Karl-Heinz Rummenigge sondiert schon einmal.

Rummenigge versteckt sein unsolidarisches Vorgehen unter dem Feigenblatt wirtschaftlichen Verantwortungsbewusstseins. Bild: ap

KÖLN taz Als Manager eines großen Aktienunternehmens braucht man derzeit eine dicke Haut. Wer Renditeansprüche von 20 Prozent und mehr erfüllen muss, der ist oft zu einem unpopulären Handeln gezwungen. In Teilen der Bevölkerung gelten die verantwortlichen Manager derzeit als das Böse schlechthin, und nun hat sich auch Karl-Heinz Rummenigge in den Kreis dieser Leute eingereiht. Nicht nur, dass der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern am vergangenen Freitag beim Bundeskartellamt war, um dort auszuloten, ob das Konzept der Zentralvermarktung, das allen 36 Profiklubs einen gewissen Wohlstand garantiert, vielleicht bald verboten würde; die Behörde hat ja eine neue Prüfung angekündigt. Nun versucht Rummenigge das unsolidarische Vorgehen auch noch unter dem Feigenblatt wirtschaftlichen Verantwortungsbewusstseins zu verstecken. "Das Aktienrecht verpflichtet die Mitglieder des Vorstandes einer AG, bei Entscheidungen das Wohl der Gesellschaft und seiner Aktionäre zu wahren", sagte er.

Und vielleicht schreckt Rummenigge beim Streben nach Geld noch nicht einmal vor dem Gebrauch von Unwahrheiten zurück. Jedenfalls ließ er durch Markus Hörwick, den Mediendirektor Bayern Münchens, ausrichten: "Das Bundeskartellamt hatte den FC Bayern München zu einem informellen Gespräch eingeladen." Behördensprecherin Silke Kaul sagt hingegen, es sei Rummenigge gewesen, der um das Gespräch gebeten habe. Ein feiner Unterschied, denn eine lobbyistische Privatinitiative des früheren Stürmers wäre für die Deutsche Fußball-Liga (DFL), in deren Vorstand er sitzt, ein Affront. Außerdem erklärte Rummenigge am Dienstag, er habe sich bei der Bonner Behörde "zu keinem Zeitpunkt pro Einzelvermarktung ausgesprochen". Wenn das stimmt, sind die Reaktionen der anderen 35 Profiklubs kaum zu verstehen.

Immerhin sah sich Schalkes Geschäftsführer Peter Peters, ein Befürworter der Zentralvermarktung, nach Rummenigges Besuch in Bonn genötigt, selber Kontakt zum Kartellamt aufzunehmen. Er reiste am Montag nach Bonn, um sich dort "für die Zentralvermarktung auszusprechen", wie Klubsprecher Gerd Voss erklärt. Und DFL-Funktionär Andreas Rettig berichtet, Rummenigges Vorgehen habe "für erhebliche Irritationen im DFL-Vorstand geführt".

Die Liga ist empört und rätselt über die Motive der Bayern für dieses Ausscheren aus dem Solidarpakt, der allen Klubs das Überleben sichern und eine gewisse Leistungsdichte in den beiden Bundesligen gewährleisten soll. Nach dem gegenwärtigen Schlüssel erhalten die Bayern etwa 25 Millionen Euro pro Saison. Wenn sie ihre Spiele selber vermarkten dürften, ließe sich dieser Betrag steigern. Doch will Rummenigge wirklich das ganze System zum Einsturz bringen? Das Ende der Zentralvermarktung hätte zur Folge, dass der gerade unter lautem Brimborium geschlossene Fernsehvertrag mit Leo Kirchs Sirius hinfällig wäre. Das wäre eine Blamage für die gesamte DFL und damit auch für Rummenigge, der eifrig mitgearbeitet hat an dem komplizierten Konstrukt, das allen Klubs mehr Geld garantieren soll.

Oder ist Rummenigges Alleingang ein Vorgeplänkel zur Neuordnung des Verteilungsschlüssels für die Fernsehgelder? "Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder wir entschließen uns zur Einzelvermarktung, oder der Verteilerschlüssel muss sich nach dem Stellenwert und Verdienst der jeweiligen Vereine ausrichten", hat Rummenigge im vergangenen November verkündet. Dass die Bayern recht skrupellos sein können, wenn es um das Machtinstrument Zentralvermarktung geht, haben sie ja schon einmal demonstriert. Unterstützt von Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen hatten die Münchner 1999 versucht, die Zentralvermarktung zu kippen. Plötzlich plädierte der Rekordmeister dann aber doch für das bewährte Umverteilungskonzept. Vier Jahre später kam heraus, dass sie sich diesen Meinungswechsel mit 40 Millionen Mark vom damaligen Rechteinhaber Leo Kirch versüßen ließen.

Solch einen Deal wird es wohl nicht noch einmal geben, aber vielleicht ist Rummenigges Vorgehen von der Erinnerung an diese Episode motiviert, die dem Klub viel Geld brachte. Dass die Ausgeglichenheit der Liga viel mit der Zentralvermarktung zu tun hat, das will im München kaum einer wahrhaben. Immerhin wird der FC Bayern seine alte Drohung, in die darbende Serie A zu wechseln, nicht erneuern, denn die Italiener haben gerade beschlossen, dem deutschen Vorbild zu folgen und einen Umverteilungsmechanismus einzuführen. Die Einzelvermarktung gilt als mitverantwortlich für den maroden Zustand der Liga.

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