TSG Hoffenheim tief in den Miesen: Ein Roberto soll es richten

Ist die TSG Hoffenheim auch nur ein Durchschnittsverein? Mäzen Dietmar Hopp legt einen gewaltigen Schuldenstand offen und leitet einen Strategiewechsel ein.

Telefoniert Dietmar Hopp hier wieder einmal mit Südamerika? Bild: dpa

Den Namen Roberto Firmino kannten bis eben in Europa nur wenige Scouts und Spielervermittler. Erst 19 Jahre alt ist der schmächtige Mittelfeldspieler, der sein Talent bislang nur in Brasiliens zweiter Liga zeigte. Der TSG 1899 Hoffenheim war Firmino nun die nicht dementierte Ablösesumme von geschätzten 4 Millionen Euro wert.

Das ist viel Geld für einen Jungen, der ein Versprechen ist - mehr noch nicht. Nach den Transferflops mit dem Brasilianer Wellington und dem Argentinier Zuculini, die die TSG rund 10 Millionen Euro gekostet haben sollen, waren Risikotransfers aus Südamerika eigentlich tabu in Nordbaden.

Noch seltsamer erscheint diese riskante Investition nach einem Interview, das Dietmar Hopp am Dienstag der Rhein-Neckar-Zeitung gewährt hat. Hopp gibt dieser Tage ja viele Interviews, es ist ja auch viel los in Hoffenheim und bei der TSG 1899, die der milliardenschwere SAP-Mitgründer mit seinem Geld von der Kreisklasse bis in die Fußball-Bundesliga alimentiert hat.

Das Image von Hopp ist nach der Affäre um den Transfer von Luiz Gustavo von der TSG zu Bayern München angekratzt. Hinter dem Rücken von Trainer Ralf Rangnick fädelten Hopp und Manager Ernst Tanner den Wechsel Gustavos nach München ein. Rangnick musste das als Affront verstehen, die Trennung zum Jahreswechsel war da nur logisch, der bisherige Assistenztrainer Marco Pezzaiuoli kann nun beweisen, ein Erstligatrainer zu sein.

Hintergrund der Ereignisse ist ein Kulturkampf, der schon lange zwischen Hopp und Rangnick tobte. Hopp genügt es offenbar, mit seinem Heimatverein in der ersten Liga mitzuspielen, dem ehrgeizigen Rangnick war das zu wenig.

Am Dienstag nun suggerierte Hopp durch seine Äußerungen, der Transfer Gustavos zu den Bayern, für den die TSG angeblich über 15 Millionen Euro bekommen haben soll, sei eine wirtschaftliche Notwendigkeit gewesen. Noch am Wochenende hatte Hopp in einer Sonntagszeitung erklärt, 170 Millionen Euro in die Infrastruktur des Klubs gesteckt zu haben, den Zuschuss in den Spielbetrieb aber nicht nennen zu wollen.

Zwei Tage später aber tat er genau das. Insgesamt beziffert Hopp sein Investment bei der TSG "in Richtung 240 Millionen Euro". Vom Ziel des Mäzens, dass der Klub irgendwann auf eigenen Beinen stehen soll, ist die TSG weit entfernt. Mehr noch, der Klub ist hoch verschuldet. "Wir haben in den Jahren 2007 bis 2009 ein Minus von rund 65 Millionen Euro gemacht. 2010 waren es rund 32 Millionen, die durch den Verkauf von Carlos Eduardo auf 16,6 Millionen reduziert werden konnten. Auch 2011 werden uns über 7 Millionen Euro fehlen - trotz der Transfereinnahmen von Luiz Gustavo", erklärte Hopp.

Finanziell endgültig aus dem Ruder geriet die Finanzlage laut Hopp nach der Herbstmeisterschaft 2008, die teure Vertragsverlängerungen und die Verpflichtung von Flops wie Wellington, Zuculini oder Timo Hildebrand nach sich zogen. "Der damalige Manager Jan Schindelmeiser hat hoch dotierte Verträge mit den Spielern abgeschlossen, die uns beinahe den Hals gebrochen haben. Unsere Personalkosten sind explodiert", erklärte Hopp. Es sei eine wirtschaftliche Notwendigkeit, Spieler wie jetzt Luiz Gustavo zum FC Bayern abzugeben, "wenn wir nicht den Entzug der Lizenz riskieren wollen", so Hopp.

Lizenzentzug? Hopp malt ein düsteres Bild an die Wand. Warum? Die Deutsche Fußball-Liga prüft, ob die 50+1-Regel, die die Einflussnahme von Investoren verhindern soll, beim Transfer Gustavos verletzt wurde. Hopp dementiert dies, er hält 49 Prozent der Anteile in Hoffenheim.

Den Abgang Rangnicks bezeichnete Hopp als Zäsur. Er hat recht. Der Wechsel Gustavos könnte sich als ein fatales Zeichen für den Bundesliga-Standort Hoffenheim erweisen. Wie reagieren die Spieler, nachdem der wichtigste Kollege verscherbelt wurde, obwohl die Aussicht besteht, einen internationalen Wettbewerb zu erreichen?

Stürmer Demba Ba jedenfalls ist in schlimmster Söldnermanier erst gar nicht mehr zu Training erschienen und will nach England wechseln. Auch andere Profis wollen lieber heute als morgen international spielen. Manager Ernst Tanner erklärte derweil, Ba werde nicht mehr für die TSG auflaufen. Aber dafür haben sie ja jetzt Roberto Firmino.

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