Niederländischer Fussball: Euphorie in der Käsestadt

AZ Alkmaar ist niederländischer Meister. Unter der Anleitung von Louis van Gaal hängt das Team aus Nord-Holland die Konkurrenz aus Amsterdam, Rotterdam und Eindhoven frühzeitig ab.

Hollands Kopf der Woche: AZ-Trainer Louis van Gaal. Bild: dpa

ALKMAAR/DÜSSELDORF taz Was für ein wechselhaftes Wochenende war das doch für Louis van Gaal. Am Samstagabend musste der Fußballlehrer mit der blonden Tolle noch die fehlende Kaltschnäuzigkeit seiner Mannschaft beklagen, die soeben eine große Chance verstreichen ließ: Ein Sieg im Heimspiel gegen Vitesse Arnheim, und der Meistertitel für AZ Alkmaar wäre klar gewesen. Die Partie wurde mit 1:2 vergeigt. Am Sonntag dann das Happy End: Weil mit Ajax Amsterdam der letzte Konkurrent 2:6 beim PSV Eindhoven verlor, steht van Gaals AZ-Team drei Spieltage vor Saisonende doch schon als "landskampion" fest.

Der meinungsfreudige Coach, der immer wieder Reibung sucht, hatte mit dieser Wendung des Schicksals geflirtet. Er glaube nicht, dass Ajax in Eindhoven siegen werde, spielte er die Pleite gegen Vitesse herunter. Und weil er in diesen Wochen fast immer recht behält, kam es in der beschaulichen Käsestadt doch noch zum Ausbruch kollektiver Euphorie. Der sechste Meistertitel für van Gaal, der schon mit Ajax und FC Barcelona erfolgreich war, ist für den Vorzeige-Club aus Noord-Holland schließlich erst der zweite.

28 Jahre ist es her, dass man hier oben, zwischen Nordsee und Ijsselmeer, mit einem lupenreinen Double die etablierten Großvereine Ajax, Feyenoord und PSV erstmals düpieren konnte - und ähnlich wie 1981 gibt es auch jetzt kaum Zweifel an der Berechtigung dazu. Nicht einer aus der Hegemonie der "Top Drie", sondern der AZ ist derzeit das Maß aller Dinge. 28 Spieltage hintereinander waren die Rot-Weißen vor diesem Samstag ungeschlagen, haben in 31 Spielen gerade 17 Gegentore kassiert. Dazu stellen sie im Marokkaner El Hamdaoui den erfolgreichsten Torjäger (22 Treffer). Viel mehr kann man nicht richtig machen.

Man müsse eben an erster Stelle in einen richtigen Top-Trainer investieren, sah sich der AZ-Vorsitzende Dirk Scheringa am Sonntag in der langfristigen Vereinspolitik bestätigt - dann könne man auch Vereinen mit größeren Etats Paroli bieten. Keine zweite Elf aus der Ehrendivision wirkte in dieser Saison ähnlich geschlossen und taktisch ausbalanciert. Unter dem Kommando van Gaals, der Kombinationen und Laufwege als komplette Choreografien einüben lässt, hat sich eine Combo ohne die ganz große Namen zu einer kompakten Elf gefunden.

Der "Erfolg für Dirk und Louis" (Algemeen Dagblad), den der betuchte Mäzen Scheringa so gerne als "Sieg für die Provinzclubs" verstanden wissen will, wäre ohne dessen beträchtliche Finanzspritzen kaum möglich geworden. Da ist es eher Understatement, wenn der Versicherungs-Tycoon den Verein zum kühnen Außenseiter stilisiert. Tatsächlich haben die mit neuen beziehungsweise vergrößerten Arenen aufgerüsteten "subtopper" aus Alkmaar, Enschede, Heerenveen und Groningen viel Boden gutmachen können - während Ajax, PSV und besonders Feyenoord manchmal mehr mit internen Problemen als mit Fußball beschäftigt schienen.

Ob der streitbare Louis aber noch länger durch Dirks pralle Schatulle zu halten ist? Der 57-jährige Starcoach möchte seinen im Sommer 2010 auslaufenden Vertrag nicht so schnell verlängern, wie es ihm gerade angeboten wurde. Noch einmal ein großes Nationalteam betreuen oder einen europäischen Großverein wie Barca oder Bayern - das ist die erklärte Vision für die letzte Schaffensphase, die van Gaal vorschwebt. BERTRAM JOB

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.