Fußballtrainer Mehmet Scholl: Ex-Luftikus will respektiert werden

Am Samstag beginnt die neue Saison des Bayern II-Teams in der Liga drei - mit einem Cheftrainer Mehmet Scholl, der sich um eine grundsätzliche Imagekorrektur bemüht.

Mehmet Scholl will endlich auch mal ernst genommen werden. Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Mehmet Scholl passt auf. Hört genau zu. Achtet darauf, was er sagt, wie es ankommt. Ob er ein lauter oder ein leiser Trainer sei, wird er gefragt. "Ein leiser", sagt Scholl. "Also nicht so direkt und knallhart wie Gerland?" Diese Journalisten! Höllisch aufpassen muss man da, wird Scholl gedacht haben. Gesagt hat er: ",Leise' heißt aber nicht, dass ich nicht auch direkt und knallhart bin. Ich bin nur nicht so laut."

Im April war der U-13-Coach Scholl als Interimstrainer des FC Bayern II eingesprungen, nachdem Hermann Gerland zu den Profis berufen wurde. Unter Louis van Gaal bleibt Gerland Assistent, und auch Scholl behält beim Drittliga-Auftakt am Samstag beim FC Ingolstadt seinen Chefplatz. Der Exluftikus ("Ich war ja als Spieler mit meinen Kollegen ein wenig flapsig") ist um die Korrektur seines Lebemann-Images bemüht.

Und das geht so: Setzt der Journalist an: "Letztlich müssen Sie Respektsperson sein …", unterbricht Scholl: "Was heißt ,letztlich'? Zuallererst!" Klar, er ist Respektsperson: ",Der liebe Scholli': das ist Käse. ,Trainer' und ,Sie' werde ich genannt. Ich bin dreifacher Familienvater, weiß, was es heißt, Verantwortung zu übernehmen. Meine Anordnungen sind so klar, dass da von Spielerseite aus nicht dran zu rütteln ist. Es kann nicht sein, dass ein Spieler dem Trainer fachlich einen Strick dreht."

Scholl hat Gefallen am Trainerdasein gefunden. Derzeit besitzt er den B-Schein, benötigt eine Sondergenehmigung. Im November oder Dezember will er den A-Schein machen, danach den Fußballlehrer. "Der Jupp Heynckes hat schon recht: Das ist ein Beruf, den man lernen muss." Anstrengender für den Kopf sei der neue Job, erzählt er: "Als Spieler bin ich ins Training gegangen, und da wurde mir gesagt, was ich machen muss. Wie viele Gedanken sich derjenige, der das gesagt hat, gemacht hat, darüber denkst du als Spieler nicht nach." Zuletzt habe er "viel konzeptionelle Arbeit" geleistet, "aber selbst das hat Spaß gemacht".

Seine Jungs sollen einen offensiven Stil spielen: "Ich bin kein Freund von langen Bällen. Meine Offensivspieler müssen dribbeln", sagt der einst beste deutsche Straßenfußballer, "sie müssen es zumindest immer wieder probieren. Ärger gibts nur, wenn sie das nicht tun." Trainer hat er in seiner langen Karriere, die ihm acht deutsche Meistertitel bescherte (nur Oliver Kahn gewann ebenfalls so oft), jede Menge erlebt - besonders beeindruckt haben ihn Ottmar Hitzfeld, Giovanni Trapattoni und "das, was wir in der vergangenen Saison beim VfL Wolfsburg gesehen haben".

Da wirkte Felix Magath. Ein paar Medizinbälle seien in der Vorbereitung auch dabei gewesen, erzählt Tom Schütz, der Kapitän des Scholl-Teams, "aber nicht mehr, als vor der Saison eben üblich ist". Als brutalen Schleifer kann man sich Scholl nun auch wirklich nicht vorstellen.

Mit Louis van Gaal habe er "erst zehn Minuten" gesprochen. Von einer gemeinsamen FC-Bayern-Philosophie oder einem einheitlichen Spielsystem kann also noch keine Rede sein. "Meine Verbindung zu den Profis ist Hermann Gerland. Das macht viel Spaß. Mit ihm kann ich herrlich streiten." Scholls Ziel ist es nicht, "dauernd die Spiele zu gewinnen, natürlich wenn möglich, sondern, sich Gedanken zu machen, welche Spieler herausragende Qualitäten besitzen und wie ich diese fördern kann".

Nach Holger Badstuber und Thomas Müller ist der 19-jährige Verteidiger Diego Contento laut Scholl der nächste Junior, den "van Gaal gar nicht mehr hergeben mag". Nicht dazu zählt der ehemalige Kollege Michael Tarnat, 39, mit dem Scholl sechs Jahre lang bei Bayern zusammenspielte, der beim FC Bayern Jugendscout wird und sich bis zu seinem Abschiedsspiel gegen Arsenal London in Hannover am kommenden Mittwoch beim Scholl-Team fit halten will. "Tanne kann immer mittrainieren", sagt Scholl und grinst, "ich warte auf ihn."

Zu seinen eigenen Ambitionen sagt er: nichts. "Ich mache jetzt erst mal die Scheine, dann sehen wir weiter." Ein Satz wie noch im November vergangenen Jahres rutscht ihm heute nicht mehr raus. Da hatte er der Münchner Abendzeitung gesagt: "Der Jürgen Klinsmann muss aufpassen, denn in ein paar Jahren übernehme ich die erste Mannschaft." In der Saison eins nach Klinsmann lacht niemand mehr darüber. Das liegt aber vor allem an dem ehrgeizigen Herrn Scholl. Dem Trainer Mehmet Scholl.

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