Die neue FC Bayerische Stärke: Geordnete Kreativität

Bayern spielt Bremen an die Wand und gewinnt den DFB-Pokal. Trainer van Gaal gelang es, Ribéry und Robben wirksam ins Team einzubinden. Reicht das auch für Inter Mailand?

Holländische Harmonie: Robben und sein Trainer Van Gaal. Bild: reuters

BERLIN taz | Noch besser soll das werden? Doch, doch, Louis van Gaal, der Trainer des FC Bayern München, ist sicher, dass seine Mannschaft noch lange nicht fertig ist. Keine Chance hat sie Werder Bremen gelassen im Finale um den DFB-Pokal. 4:0 haben die Münchner gewonnen, und niemand hätte sich gewundert, wenn die Bayern noch ein paar Tore mehr geschossen hätten an diesem kühlen Maiabend in Berlin.

Sie haben die Bremer bisweilen an die Wand gespielt. Und van Gaal? Der sagt doch tatsächlich: "Wir sind noch immer in einem Prozess, und ich glaube, dass wir noch besser werden können."

Deprimiert wirkte Thomas Schaaf, der Bremer Übungsleiter, nach dem Desaster von Berlin. Gibt es ein Mittel gegen die Bayerndominanz? Können die Bremer je wieder dagegenhalten? Versprechen wollte Schaaf das nicht. Er pustete ins Mikrofon des Pressekonferenzraums. Dann sagte er: "Wir werden es natürlich wieder versuchen, mit unseren Mitteln."

Dass die derzeit nicht ausreichen gegen die Bayern, dass will van Gaal schon vor dem Spiel gewusst haben. Er hat auch damit gerechnet, dass die Bremer kompakter auftreten als sonst, dass Mesut Özil in den Sturm geschickt wird, damit im Bremer Mittelfeld geordneter agiert werden kann.

Und das 4:0? "Es tut mir leid, aber ich habe das erwartet", sagt van Gaal. Der Dritte der abgelaufenen Bundesligasaison kann mit dem Meister nicht mehr mithalten. Die Bayern scheinen der nationalen Konkurrenz enteilt zu sein, und van Gaal bezeichnet das als logische Folge seiner Arbeit. Er könnte recht haben.

Als er über das Finale gesprochen hat, fiel ein Wort besonders oft: Ordnung. Ihm ist es gelungen, die zwei Freigeister seiner Mannschaft, den wieder einmal urgewaltigen Arjen Robben und den diesmal bienenfleißigen Franck Ribéry in ein System einzuordnen.

Geordnete Kreativität herrscht in der Bayernoffensive. Ribéry hat gezeigt, dass er zu mehr taugt als zu dem Zauberer, zu dem er in seiner ersten Bundesligasaison hochgejazzt wurde. Wenn Bastian Schweinsteiger, was nicht oft vorgekommen ist, mal einen Zweikampf verloren hat, war er es, der zur Absicherung nach hinten geeilt ist.

Den Spaß am Spiel hat Ribéry dadurch nicht verloren. Das zeigte sein Jubel nach seinem Treffer zum 3:0. Die Bayernfans feierten ihn mit Sprechchören. Wenn dieser Tage tatsächlich sein Vertrag verlängert werden sollte, würde keiner nörgeln. Im Dezember war er als lustloser Möchtegernsuperstar kritisiert worden. Jetzt mögen sie ihn wieder in München.

Die wahre Liebe der Fans aber, die gehört Arjen Robben. Der findet sich selber derzeit ziemlich toll. "Das ist der beste Arjen Robben, den es je gab", sagte er nach dem Spiel. Wieder einmal kurvte er wie ein Slalomläufer im Super-G-Tempo durch die Abwehr der Bremer. Dass die nationale Konkurrenz fürchten muss, abgehängt zu werden, liegt zum großen Teil an seinen Auftritten. Das Investment ihn ihn hat sich längst ausgezahlt.

Karl-Heinz Rummenigge streckt den anderen Klubs die Zunge raus: Ätsch! Und hat schon mal einen Ratschlag zur Hand: "Nicht nur wir, sondern auch andere Klubs müssen bereit sein, zu investieren." Mitten im Jubel kommt der alte Mecker-Kalle in ihm durch, der glaubt, dass er und seine Bayern immer ungerecht behandelt werden. Auch die Konkurrenten sollen Superstars kaufen: "Diese Last kann Bayern München nicht allein tragen." Einsamer Dominator.

Gut, dass es die Champions League gibt. Da gibt es für die Bayern noch Mannschaften, die ihnen auf Augenhöhe begegnen. Was will man schon mit einem Gegner wie Bremen, der in das Spiel um die zweithöchste nationale Trophäe fast ohne jeden Mumm geht. Thomas Schaaf: "Uns hat ein bisschen die Überzeugung gefehlt."

Das wird am kommenden Samstag im Finale der Champions League gegen Inter Mailand anders sein. Und auch wenn die Spieler nach dem Gewinn des Doubles, es war das achte für die Bayern, sofort vom Triple sprachen, so weiß doch keiner so ganz genau, wo die deutsche Übermannschaft der Stunde im europäischen Vergleich wirklich steht.

Das 4:1 bei Juventus Turin, mit dem die Bayern das Ausscheiden in der Gruppenphase der Champions League im letzten Moment noch verhindert haben, gilt als Geburtsstunde der neuen Kraftmentalität der Bayern. Dass Juventus damals in einer tiefen Krise steckte, daran erinnern sich die Bayern nur ungern.

Über das Achtelfinale gegen Florenz half ihnen ein Schiedsrichter, der ein Abseitstor von Miroslav Klose hat gelten lassen. Im Viertelfinale schwächte ein Schiedsrichter Manchester United durch eine Rote Karte und kaum einer widersprach seinerzeit Alex Ferguson, dem Trainer der Engländer, als der sagte, dass die bessere Mannschaft ausgeschieden sei.

Im Halbfinale schließlich, für das die Bayern über den grünen Klee gelobt worden sind, trafen sie mit Olympique Lyon auf eine Mannschaft, die in Frankreich nicht einmal um den Titel mitzuspielen vermochte. Wo die Münchner in Europa wirklich stehen, wird man am Samstag sehen. Van Gaal hat gesagt, dass die Bayern noch besser werden können. Wahrscheinlich müssen sie besser werden, um auch in Europa dominieren zu können.

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