Werder Bremen gegen VfL Wolfsburg: Hanseatische Glaubensgemeinschaft

Auch gegen Meister Wolfsburg bleibt Werder ungeschlagen, jetzt schon seit 21 Spielen. Der Grund hierfür liegt im wiedererwachten Selbstbewusstsein des Teams von Trainer Schaaf

Derzeit gibt Bremens Manager Klaus Allofs selbst bei Regenwetter gerne Interviews. Bild: rtr

BREMEN tazManchmal ist ein mühsames 2:2 auf eigenem Platz für die Entwicklung einer Mannschaft hilfreicher als ein leichtfüßig erzieltes 6:0 in fremden Gefilden. Als Per Mertesacker den Ball in der 92. Minute unwiderstehlich zum späten Ausgleich für Werder gegen den Meister aus Wolfsburg ins Netz köpfte, sendete er eine eindeutige Botschaft an die Konkurrenz: Ihr müsst in jeder Sekunde mit uns rechnen, auch in der letzten. Werders Sportdirektor Klaus Allofs sagte: " Die Gegner registrieren, dass dieses Team immer positiv nach vorn schaut und einfach nie aufgibt."

Schon in den Minute vor dem Ausgleich glich das Weser-Stadion einer einzigen Glaubensgemeinschaft. Statt sich mit hängenden Köpfen dem Schicksal zu ergeben, wie es in der letzten Saison oft geschah, standen die 34.000 Bremer Anhänger geschlossen auf und klatschten ihre Mannschaft so unerschüttert nach vorn, dass selbst Tim Wiese ab der 88. Minute als zusätzlicher Mittelstürmer agierte. Befestigt wurde der Glaube an die späte Erlösung vom Wissen um die Macht der so präzisen Eckbälle von Mesut Özil.

Werder Bremen: Wiese - Fritz, Mertesacker, Naldo, Boenisch - Frings (89. Marcelo Moreno) - Bargfrede (73. Jensen), Hunt - Özil - Hugo Almeida, Marin (79. Rosenberg)

VfL Wolfsburg: Benaglio - Riether, Ricardo Costa, Barzagli, Johnson - Hasebe (90. Madlung), Gentner - Misimovic - Grafite (79. Kahlenberg), Dzeko, Ziani

Zuschauer: 34.523

Tore: 0:1 Dzeko (42.), 1:1 Hugo Almeida (62.), 1:2 Dzeko (85.), 2:2 Mertesacker (90.+1)

So hätten eigentlich alle zufrieden sein können: Werder mit der weiterhin weißen Weste nach nun 21 Pflichtspielen ohne Niederlage. Und Wolfsburg mit dem Stopp des Abwärtstrends. Doch selten ergänzten sich zwei Trainer in ihrer Übellaunigkeit nach dem Spiel so perfekt wie Thomas Schaaf und Armin Veh. Der Wolfsburger schäumte immer noch über das angebliche Handspiel von Mesut Özil, das dem entscheidenden Eckball vorausgegangen war. Wie schon gegen Nürnberg sah er seine Mannschaft durch den Schiedsrichter um den Verlust verdienter Punkte gebracht. Und erntete dafür Verständnis bei den Bremern. "Wenn sie die Führung so spät verlieren, dann ist die Aufregung verständlich."

Schaaf ärgerte sich hingegen über die Abwehrschnitzer, die zu den beiden Gegentoren geführt hatten. "Jeder weiß, welche Qualitäten Dzeko hat, aber wir machen es ihm auch so einfach." Unzufrieden war der Bremer Trainer auch über mangelnde Effektivität und Laufbereitschaft seiner Mannschaft. Jammern auf hohem Niveau nennt man so etwas, denn die Bremer dominierten über weite Strecken das Spiel und setzen mit ihrer Boy-Group Özil/Hunt/Marin spielerische Akzente, über die manch selbst ernannter Titelfavorit im Moment froh wäre.

Die Schaafschen Klagen drücken die gewachsenen Ansprüche der Bremer aus. Wer sich das Personal genauer anguckt, kann sich über den Höhenflug allerdings nur wundern. Gestern standen mit Ausnahme von Marko Marin nur Spieler auf dem Platz, die bereits zu dem Kader gehörten, der letzte Saison nur Zehnter wurde. Und mit Clemens Fritz hatte ein Mann 102 weitgehend überzeugende Ballkontakte, der in der Öffentlichkeit schon abgeschrieben war. Dafür gibt es nur eine Erklärung: Schaaf glaubt an seine Leute. Und die Bremer glauben an ihn.

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