Köln bezwingt schwache Stuttgarter: Auf zur Flucht in den hohen Norden

Der Champions-League-Teilnehmer VfB Stuttgart sinkt nach einem espritlosen 0:2 gegen Köln in die Niederungen der Tabelle - und muss sich nun vom eigenen Manager Leichtfertigkeit vorwerfen lassen.

Der Kölner Wilfried Sanou zeigt nach seinem zum Treffer zum 2:0 einen Salto. Bild: dpa

STUTTGART taz | Jetzt ist es also so weit. Auf ins Trainingslager, heißt es heute für den VfB Stuttgart. Nach der peinlichen 0:2-Niederlage gegen den 1. FC Köln geht es für den VfB schon einen Tag früher als geplant nach Lübeck, wo am Mittwoch das Zweitrundenspiel im DFB-Pokal ansteht. Raus aus dem unruhigen Stuttgart, rein in die Idylle Schleswig-Holsteins und der Ostsee. Mal was anderes sehen, auf andere Gedanken kommen, so heißt es ja dann immer.

Dass es in Stuttgart mit der Ruhe vorbei ist, zeigte sich spätestens in den Szenen nach dem Schlusspfiff am Samstag. Als die VfB-Spieler in Richtung Cannstatter Kurve schlichen, dorthin also, wo ihre treuesten Fans stehen, erwartete sie ein Pfeifkonzert. Dann folgte jene Botschaft, die in deutschen Stadien ja immer gerne gebrüllt wird, wenn es bei der eigenen Mannschaft nicht läuft: "Wir wolln euch kämpfen sehn!"

Fünf Punkte aus sechs Spielen, so lautet die ernüchternde Bilanz des VfB in dieser Saison. Hinzu kommt nun noch das Zerwürfnis mit dem harten Kern der Fans, der sich nach dem traditionell überkritischen Stuttgarter Haupttribünenpublikum auch noch vom eigenen Team abgewandt hat.

Das tat am Samstag auch Horst Heldt. Um den VfB-Sportvorstand hatte sich im Presseraum eine Journalistentraube gebildet, der kleine Mann war gar nicht mehr zu sehen. "Ich dachte, dass wir dieses Jahr bereit sind für einen großen Schritt nach vorne", sagte er, "aber vielleicht sind einige Spieler zu leichtfertig in die neue Saison gegangen."

Wenn es nicht läuft, redet Heldt Klartext, schon im Februar 2008 hatte er nach einer Heimniederlage gegen Berlin gepoltert, "dass die Spieler sich auf Fußball konzentrieren sollen, anstatt in Autohäusern permanent nach schicken Luxuskarossen Ausschau zu halten". Nun sagt er, dass er den Spielern keinerlei Alibis liefern wolle. Teamchef Babbel weilt unter der Woche oft in Köln bei der Trainerausbildung, die Neuzugänge Hleb, Pogrebnyak und Kuzmanovic wurden spät verpflichtet, was ein Einspielen schwer möglich machte. Aber all das will Heldt nicht gelten lassen: "Das sind alles Profis, und die können alle Fußball spielen."

Das musste am Samstag ernsthaft bezweifelt werden. Es war erschreckend, wie leidenschaftslos sich der VfB gegen Köln präsentierte. Esprit und Spielwitz fehlten ohnehin komplett - kein Wunder, dass die Fans sauer waren. Teamchef Babbel mahnte, "dass wir zurück zur Basis kommen müssen". Er meint damit das aggressive Spiel, das der VfB in der vergangenen Rückrunde gezeigt hat.

Davon allerdings sind die Stuttgarter derzeit so weit entfernt wie der 1. FC Köln vom Gewinn der Königsklasse - und das macht Horst Heldt wütend. "Es kann nicht sein, dass wir in regelmäßigen Abständen in solch schwere Situationen kommen", sagt er. Schon in den vergangenen beiden Spielzeiten war der VfB nach der Meisterschaft 2007 schlecht in die Saison gestartet.

Es ist ein Problem in Stuttgart, dass viele Spieler zu früh zu satt sind. Wenn sie etwas erreicht haben, schalten sie einen Gang runter. Oder auch zwei. Heldt jedenfalls sagt, dass er diese Leistungsschwankungen nicht mehr länger akzeptieren wolle.

Auch Teamchef Babbel ist nicht mehr unumstritten. Seine Kritiker werfen ihm einen Zickzackkurs vor. Erst führte er das Rotationsprinzip ein, um es vor dem Spiel gegen Köln dann wieder für beendet zu erklären. Er brauche nun eine eingespielte Stammelf, hatte Babbel gesagt. Umso überraschender kam dann, dass Kapitän Thomas Hitzlsperger gegen Köln nicht einmal im Kader stand. Babbels Begründung: "Ich wollte, dass er mal runterkommt und den Kopf freibekommt."

Das muss wohl auch Jens Lehmann noch tun, denn der Torhüter machte gegen Köln den größten der zahlreichen individuellen Fehler des VfB. 45 Meter vor dem eigenen Tor hatte er den Ball mit der Brust gestoppt, um ihn dann an Stürmer Ishiaku zu verlieren. Sanou traf eine Minute vor Schluss ins leere Tor zum 0:2.

Eine Stunde später kam Lehmann aus der Kabine. Er schaute drein, als hätte er einen Strauß Brennnesseln in der Hand. Er sagte nichts. Und nahm sie schon mal vorweg, die Ruhe im hohen Norden.

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