Leverkusens Trainer vor Rauswurf: Nach Berlin wird entschieden

Wohl nur ein Sieg im Endspiel gegen Werder Bremen rettet Bruno Labbadia den Job. Die Arbeit der Trainers von Leverkusen wird seit Wochen von Skepsis begleitet.

Labbadia hofft auf eine Zukunft in Leverkusen. Bild: dpa

Berlin ist die Zukunft

VON DANIEL THEWELEIT

Druck? Nein, Druck verspüre er nicht, versichert Bruno Labbadia, ein gequältes Lächeln huscht über seine Lippen. Der Trainer von Bayer Leverkusen verlässt den Trainingsplatz, zum letzten Mal vor dem Pokalfinale gegen Werder Bremen am heutigen Samstag (20 Uhr). "Den sehen wir hier nicht wieder", flüstert einer der Kiebitze, und es wäre wenig verwunderlich, wenn Labbadia insgeheim ähnliche Gedanken durch den Kopf gingen. Seit Wochen kursieren Gerüchte über die Zukunft des 43-jährigen Fußballtrainers, doch er sagt: "Wir haben ein absolut positives Erlebnis vor uns, ich verspüre eine große Vorfreude." Es ist ein Finale, von dem Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler glaubt, es könne einst als "Wendepunkt" in die Bayer-Historie eingehen.

Mit einem Sieg würde das verkorkste Spieljahr doch noch einigermaßen gerettet werden, die junge Mannschaft hätte die Chance, sich in der kommenden Saison auf dem europäischen Parkett weiterzubilden, und Auswahlspieler, die um ihre Teilnahme an der WM 2010 bangen, könnten ihre internationale Tauglichkeit in der neuen Euro League anpreisen. Zudem würde Labbadia, dessen Name angeblich längst die Listen der trainersuchenden Erst- und Zweitligisten ziert, seine Chancen auf einen Verbleib in Leverkusen erheblich erhöhen.

Der junge Trainer ist in den vergangenen Monaten, als seine Mannschaft vom spektakulär spielenden Geheimfavoriten auf den Meistertitel zur grauen Bundesligamaus mutierte, heftig in die Kritik geraten. Deshalb sagt Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser, "es gibt keinen Treueschwur", die Klubführung werde "die Saison nächste Woche Revue passieren lassen" und überlegen, ob etwas verändert werden muss. Das klingt nicht gut.

Auch Völler ist kritisch, "er frisst zu viel in sich rein", sagt der Sportdirektor über Labbadia, ihm fehle manchmal die nötige Lockerheit im Umgang mit seinen Jungs, deren Mehrheit ja gerade erst der Pubertät entwachsen ist. "Wenn es nicht läuft, arbeitet er noch mehr und noch mehr", erzählt Völler. "Normalerweise sagt man ja zu einem Trainer: Komm, mach doch mal dies, tu doch mal das. Bei Labbadia muss man eher bremsen."

Diese Verbissenheit, die in guten Tagen als Akribie gelobt wird, ist Teilen des Kaders zuletzt gehörig auf die Nerven gegangen. Es kursieren Gerüchte über eine interne Abstimmung der Spieler, die ein klares Votum gegen den Trainer ergeben haben soll, Labbadia winkt ab: "Ich denke mir meinen Teil dazu, möchte mich aber jetzt nicht äußern." Wie Völler schon sagt, der Trainer frisst die Dinge in sich rein, aber was soll er tun? Wenn er sich öffentlich wehrt, macht er das Thema nur größer, als es ist. "Es gab ein paar Reibereien", beschwichtigt Völler, "aber es gibt eben immer Spieler, die nicht so oft spielen, die nicht glücklich sind mit dem Trainer".

Aus dem Mannschaftskreis will sich vor dem Saisonhöhepunkt niemand öffentlich äußern, allerdings sind es nicht nur Ergänzungsspieler, die über den Trainer klagen. Labbadia-Befürworter sagen, es sei ganz richtig, die als mimosenhaft geltende Mannschaft auch mal härter anzupacken, Kritiker verweisen auf die gescheiterten Versuche, den Negativtrend in der Bundesliga zu stoppen. "Wir sind weiterhin von Brunos Potenzial überzeugt", sagt Völler. Dass Labbadia ein talentierter Typ ist, bezweifelt eh kaum jemand.

Beim Hamburger SV haben sich die Verantwortlichen während ihrer Trainersuche im Frühjahr 2008 aufgrund der mangelnden Erfahrung gegen Labbadia entschieden, bei Bayer Leverkusen kommt erschwerend hinzu, dass nicht nur dem Trainer, sondern auch der Mannschaft Routine fehlt. Wenn es läuft, ist das Spiel dieses Teams dafür aber hinreißend schön und geprägt von einer wunderbaren jugendlichen Unbeschwertheit. "Wir schätzen die Art, wie Labbadia Fußball spielen lässt", sagt Völler, sogar im enttäuschenden Jahr 2009 blitzte der Zauber gelegentlich auf.

Das 4:1 in Hoffenheim war beeindruckend, das 4:2 im DFB-Pokal gegen den FC Bayern elektrisierte die Fans, und nach dem 2:1-Sieg auf Schalke Anfang Mai sprach Völler von "echtem Spitzenfußball". Nur die Konstanz fehlt, ein typisches Merkmal mangelnder Erfahrung. Labbadia hat das übrigens schon vor der Saison gewusst, damals sagte er: "Dieses Jahr wird unglaublich schwierig, denn wenn es mal nicht so läuft, dann macht Erfahrung schon was aus. Wir brauchen kurzfristige Erfolge, weil wir diese junge Mannschaft mit ihrem großen Potenzial nur mit Erfolgen weiterentwickeln können." Der DFB-Pokal ist der Schlüssel zur Zukunft, für den Klub, den Trainer und die Spieler.

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