Nigeria scheitert im Afrika-Cup: Out of Afrika

Im Viertelfinale war Endstation für Berti Vogts und die nigerianische Nationalmannschaft. Nach der Niederlage gegen Ghana wird die Kritik am deutschen Trainer lauter.

Berti blickt in eine unsichere Zukunft. Bild: AP

ACCRA/KÖLN taz Bei aller Enttäuschung war es wohl auch eine Portion Erleichterung, die Berti Vogts zu seinem souveränsten öffentlichen Auftritt beim Afrika-Cup beflügelte. Nach den ersten drei Partien legte er sich mit Journalisten an, einmal schwänzte er gar die Pressekonferenz. Das Nachspiel zur 1:2-Niederlage seiner Nigerianer gegen Gastgeber Ghana im Viertelfinale absolvierte er hingegen mit der souveränen Gelassenheit eines Weltmannes. "Ghana ist nach seiner WM-Teilnahme 2006 einfach die erfahrenere Mannschaft", sagte er, "meine Jungs haben heute hundert Prozent gegeben, wir mussten nur Lehrgeld für unsere Fehler bezahlen."

Die Bitterkeit der letzten Wochen ist gewichen. Vogts kann das Abenteuer Afrika-Cup für beendet erklären und der Dinge harren, die nun folgen werden. Obwohl sein Vertrag noch bis 2010 weiterläuft, ist seine Zukunft als Trainer Nigerias völlig ungeklärt; normalerweise werden Trainer in Afrika rasch entlassen, wenn sie so weit hinter den Erwartungen zurückbleiben. "Man wird sich zusammensetzen", sagte der 61-Jährige nach dem Ausscheiden, "ich werde dann überlegen, ob ich weitermachen möchte." Entscheidender als das Ergebnis dieses Prozesses wird aber wohl die interne Diskussion beim nationalen Fußballverband NFA werden. Denn jenseits aller übertriebenen Erwartungen unter den Nigerianern, die nichts anderes als den Titel wollten, hat die Mannschaft bei diesem Turnier schwer enttäuscht. In keinem der vier Spiele brachte die laut Fifa-Weltrangliste beste Mannschaft des Kontinents die unbestrittenen Offensivqualitäten ihrer Einzelspieler zur Geltung. Fünf Halbzeiten verstrichen, bis Nigeria das erste Tor erzielte, und im Viertelfinale spielte die Mannschaft nach einem Platzverweis des ghanaischen Kapitäns John Mensah eine halbe Stunde in Überzahl, erarbeitete sich jedoch keine einzige Torchance mehr. Nach Treffern von Yakubu Aiyegbeni (Fouelfmeter, 35.) und Michael Essien (45.) stand es 1:1, wunderbare Voraussetzungen für die Nigerianer also. Doch den leidenschaftlicheren Fußball spielte Ghana, Manuel Agogos umjubelter Siegtreffer (83.) war daher völlig verdient. Gemeinsam mit der Elfenbeinküste, die Guinea mit 5:0 besiegte, steht der Gastgeber nun im Halbfinale. "Wir wissen, dass wir besser spielen können", sagte Berti Vogts später und gab damit zu, dass es ihm nicht gelungen sei, das Potenzial dieser Mannschaft zu entfalten.

Das spürten natürlich auch die 140 Millionen Nigerianer. Die Zeitung Guardian titelte prompt "Wir wollen, dass Vogts sofort entlassen wird", und in einer Online-Umfrage von Kick Off Nigeria, in der nach den Gründen für den Misserfolg gefragt wurde, gaben 54,5 Prozent der Teilnehmer an, Vogts sei der Schuldige für das schlechteste Abschneiden der Nation beim Afrika-Cup seit 1982. Herzlich ist das Verhältnis zwischen den Nigerianern und Vogts nie geworden, und das liegt weder allein am bescheidenen sportlichen Erfolg noch an Vogts schwierigem Verhältnis zu den nigerianischen Journalisten. Der Trainer hat den Nigerianern einfach kaum liebenswerte Seiten gezeigt. Spätestens nach dem Kick Off Nigeria im vergangenen September den Vertrag zwischen dem Deutschen und dem nationalen Fußballverband abgedruckt hatte, litt Vogts unter dem Ruf, viel zu nehmen und wenig zu geben. Sein Gehalt (98.000 Euro im Monat) erschien überhöht, außerdem sei fixiert worden, dass Vogts keinen Wohnsitz in Afrika beziehen müsse. Auf Nigeria und seine Menschen hat er sich nie eingelassen.

Claude Le Roy, sein siegreicher Kollege, ist da ein ganz anderer Typ. Er arbeitet seit 20 Jahren in Afrika, kennt den Kontinent bestens und sagte nach dem Sieg stolz: "Meine Spieler machen exakt, was ich ihnen sage, ich kann den Cup schon spüren." Ein Gefühl, das er mit den Ghanaern teilt. Auf den Straßen Accras wurde am Sonntagabend ein spontanes Volksfest gefeiert, bis zum Halbfinale gegen den Sieger aus der Partie Kamerun gegen Tunesien (bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht beendet) wird weitergeträumt vom Pokal. Und das ist nicht nur wichtig für das Land, sondern auch für das Turnier, denn erfahrungsgemäß verwandelt sich der Afrika-Cup in eine recht triste Veranstaltung, wenn der Gastgeber ausscheidet.

DANIEL THEWELEIT

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