1899 Hoffenheim mit neuem Trainer: Rangnick geht, Co-Trainer übernimmt

Das Ende einer Ära: Ralf Rangnick und Hoffenheim beenden ihre Zusammenarbeit. Grund ist der Wechsel von Gustavo zum FC Bayern. Der Nachfolger steht bereits fest.

Vorbei. Ralf Rangnick sieht für sich keine Zukunft mehr in Hoffenheim. Bild: dpa

BERLIN taz | Mehr als einmal kniff Ralf Rangnick die Lippen zusammen, schwieg in Momenten, in denen es in der Vergangenheit so oft aus ihm herausgeplatzt wäre. Er machte gute Miene, ließ die Gefühle außen vor. Der Trainer beendete die Zusammenarbeit mit der TSG 1899 Hoffenheim während einer skurrilen Pressekonferenz im Trainings- und Geschäftsstellenzentrum von Zuzenhausen mit Würde.

Mit sofortiger Wirkung haben sich der Ehrgeizling Rangnick und der von Mäzen Dietmar Hopp ambitioniert in die Bundesliga gehievte Dorfklub getrennt - allerdings nicht im gegenseitigen Einvernehmen, wie es der Verein öffentlich verkaufen wollte.

Denn hinter der Trennung steckt ein tiefer Riss zwischen Cheftrainer und Geldgeber. Nun hat Hopp im Alleingang den Leistungsträger Luiz Gustavo an den FC Bayern München verkauft - gegen den Willen des Managers Ernst Tanner und ohne Wissen Rangnicks.

Eine Provokation, die sich der 52-Jährige nicht gefallen lassen wollte. "Es ist ein ungewöhnlicher, einzigartiger Vorgang, dass so ein Spieler ohne direkten Informationsfluss zum Trainer verkauft wird. Da war alles klar, daraus habe ich meine Schlüsse gezogen", meinte Rangnick. "Welches Zeichen ist das für die Rückrunde an die Mannschaft, wenn der beste, weil konstanteste Spieler verkauft wird?"

Der Vertrauensverlust unter den Alphatieren Hopp und Rangnick war zwischen Weihnachten und Neujahr nicht mehr zu kitten. Sprach Rangnick rückblickend zwar von einer "Edelsymbiose", die sein viereinhalbjähriges Wirken im Kraichgau für beide Seiten gewesen sei, bot sich am Ende ein erschütterndes Bild: Bereits am 17. Dezember war Hopp zusammen mit Tanner und Gustavo-Berater Roger Wittmann zu ersten Verhandlungen in München - Rangnick wusste von nichts und wurde auch Tage später nicht über den wahren Sachverhalt aufgeklärt.

Letztlich habe er den Fakt, dass der 23-jährige Brasilianer für rund 15 Millionen Euro nach München transferiert werde, von Anrufen eines Bild-Reporters und des Beraters von David Alaba erfahren. Der Wiener kommt als Gustavo-Ersatz auf Leihbasis zur Rückrunde in den Kraichgau.

Das 18-Jährige Bayern-Talent wird künftig von einem ausgewiesenen Jugendspezialisten angeleitet. Marco Pezzaiuoli, 42, erst seit Saisonbeginn in den Hoffenheimer Trainerstab aufgenommen und vertraglich bis 2014 gebunden, rückt zum Chefcoach auf, weil mit Rangnick auch dessen Kotrainer Peter Zeidler geht. Tanner: "Er ist mehr als eine Interimslösung." Pezzaiuoli, gebürtiger Mannheimer, einst Jugendkoordinator unter Joachim Löw beim Karlsruher SC, erwarb sich eine größere Bekanntheit, als er 2009 die deutschen U-17-Junioren zum Europameistertitel führte.

Schon beim Hallenturnier in der Mannheimer Arena stand er bei Hoffenheim an der Bande, nachdem sich Rangnick den nachmittäglichen Trainingsauftakt noch zunutze gemacht hatte, um sich von der Mannschaft zu verabschieden. Er wäre auch ganz gewiss mit dem maßgeblich von ihm zusammengestellten Aufgebot am Montag ins Trainingslager ins spanische La Manga geflogen, wenn es den Gustavo-Deal so nicht gegeben hätte. Rangnick verhehlte nicht, wie tief ihn dies getroffen hat: "Das war das letzte Signal, dass sie mich hier nicht mehr brauchen."

Hopp, die graue Eminenz im Hintergrund, vermochte die teils diffusen Hintergründe an diesem Wintertag nicht zu erhellen: Wegen einer unaufschiebbaren Rede in den USA war er beim Rangnick-Abschied nicht anwesend. Doch der 70-Jährige ließ dann doch mitteilen, dass er nicht gewillt ist, dem Klub auf unbestimmte Zeit noch unbegrenzte Mittel zur Verfügung zu stellen.

"Wir sind ein vergleichsweise kleiner Bundesligist", heißt es in seiner Erklärung. "Verständlich, dass Ralf Rangnick, nachdem das 'Projekt erste Liga' schon nach zwei Jahren vollendet war, Herausforderungen in anderen Dimensionen sucht und damit naturgemäß in Hoffenheim an Grenzen stößt". Und: "Auch wir dürfen nicht das Uefa-Reglement zum finanziellen Fairplay aus den Augen verlieren." In Hoffenheim soll rentabel gewirtschaftet werden. Die Zeit des Spendierens ist vorbei.

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