Dopingkontrollen bei der Tour de France 2008: Viel Schaumschlägerei

Bei der Tour testen einige Mannschaften ihre Radprofis selbst auf Doping. Die Sponsoren beruhigt das. Die Transparenz der Testverfahren lässt aber bei einigen sehr zu wünschen übrig.

Manche Teams testen noch mal intern ihre Fahrer auf Doping. Die Frage ist: Augenwischerei oder "doppelt gemoppelt hält besser?" Bild: dpa

Spätestens die Tour de France 2007 hat gezeigt, dass die Testmethoden und die Verfahrensregelungen des Radsportverbandes nicht ausreichen, um Betrüger zu erwischen und aus dem Verkehr zu ziehen. Den Regeln des Verbandes unterworfen, mussten Rennveranstalter mutmaßliche Doper oder gar überführte Fahrer zu ihren Rennen zulassen. Die Folge war ein PR-Desaster.Der Fall Patrik Sinkewitz beispielsweise stellte sich als verheerend für sein Team und für die Tour heraus, die Fälle Christian Moreni und Alexander Vinokourov ebenfalls.

Einige Teams sind deshalb dazu übergegangen, ihre eigenen Fahrer zu testen. Der Sinn ist vor allem, den Teamsponsor vor einem PR-Schaden zu schützen, indem man Doper frühzeitig aufspürt und aus dem Verkehr zieht. Darüber hinaus sollen diese Programme dazu beitragen, dass der Radsport insgesamt sauberer wird, so die Werbung der Mannschaften für ihre freiwillige Selbstkontrolle.

Kritiker dieser Programme, wie etwa der Chef der Gerolsteiner-Mannschaft Hans-Michael Holczer, glauben hingegen, dass solche Programme Schaumschlägerei sind und in der Hauptsache "kommunikativen Zwecken" dienen. Dem Teamsponsor werde eine Sicherheit vorgegaukelt, die es gar nicht geben kann. Schlimmer noch, die Testverfahren können jederzeit für das Doping anstatt gegen das Doping eingesetzt werden, indem man sich mit Hilfe der Tests an die erlaubten Grenzwerte herandopt. "Um gar nicht erst in diesen Verdacht zu geraten, führen wir keinerlei medizinisches Messgerät mehr mit uns", sagt Holczer. Jüngstes Beispiel des mutmaßlichen Missbrauchs interner Tests: die Mannschaft Saunier Duval, die vor ihren Dopingskandalen in der vergangenen Woche lautstark noch damit angegeben hatte, bei internen Tests keine Auffälligkeiten festgestellt zu haben. Es gibt allerdings auch Selbstkontrollprogramme, denen man eine seriöse Zielsetzung unterstellen kann: die gemeinsam von den amerikanischen Teams Columbia und Garmin benutzte Firma Agency for Cycling Ethics (ACE) etwa oder das Programm des Teams CSC unter dem dänischen Sportmediziner Rasmus Damsgaard.

Das Programm von CSC gilt als das beste im Radsport. Professor Mario Thevis vom Anti-Doping-Labor in Köln findet nicht nur, dass in Damsgaards Programm die meisten Substanzen und am gründlichsten getestet wird. Thevis lobt an dem CSC Programm ebenfalls die größtmögliche Unabhängigkeit der Tester. Die Tests werden von dem schwedischen Unternehmen IDTM durchgeführt, einer vom einzelnen Team losgelösten und von der Wada zertifizierten Testfirma, die unangemeldete Trainingskontrollen durchführt.

Darüber hinaus werden die Testergebnisse direkt an die UCI weitergeschickt und dann, wenn positiv, an die Wada. Die Teamleitung bekommt die Resultate zuletzt, Manipulation oder Vertuschung ist also ausgeschlossen. "Wir sehen die Ergebnisse als Allerletzte", sagt Mannschaftsleiter Bjarne Riis. "Aber ich kann Ihnen garantieren, dass meine Mannschaft sauber ist." Anders ist es bei der amerikanischen Firma ACE. ACE wird direkt und ausschließlich aus Mitteln der beiden Mannschaften Columbia und Garmin finanziert. Die Tests erfolgen zwar angeblich unangemeldet, die Tester sind jedoch wie die Fahrer Angestellte der Mannschaftsleitung. Die Ergebnisse werden direkt der Mannschaftsleitung bekannt gegeben, die dann mutmaßlich die Fahrer sofort aus dem Verkehr zieht. Überprüfen kann man das jedoch nicht. Journalisten können zwar bei der Mannschaft Testprofile einzelner Athleten anfordern; was sie gezeigt bekommen, entscheiden die Verantwortlichen des Teams. Mit der Transparenz des Teams Garmin ist es also nicht so weit her, wie Teamchef Jonathan Vaughters behauptet. Und dieser Transparenzmangel setzt sich bei Vaughters Beschäftigungspolitik fort. Sein Spitzenfahrer Christian Vandevelde, derzeit Fünfter in der Tour-Gesamtwertung, hat nicht gerade den vertrauenserweckendsten Lebenslauf im Radsport. Er war bis 2003 Helfer von Lance Armstrong und wechselte dann zum Team Liberty Seguros: jenem Team, dem in Verbindung mit der Puerto-Affäre systematisches Doping nachgewiesen wurde. Danach gab er ein kurzes Gastspiel bei CSC unter dem Doping-geständigen Teamchef Bjarne Riis. Das Selbstkontrollprogramm von CSC war damals noch nicht in Kraft. Zu seiner Vergangenheit unter Armstrong sagt Vandevelde nur, dass sie "schmutzig" war. Details verschweigt er ebenso wie sein Chef Jonathan Vaughters, der auch unter Armstrong fuhr und sagt, er habe damals "keinen Heiligenschein" getragen. Angesichts seines so lautstark propagierten Neustarts ist das recht wenig. Aber immerhin scheint das den neuen Sponsor Garmin so beeindruckt zu haben, dass dieser erst kurz vor der Tour mit geschätzten 6 Millionen Dollar bei Vaughters einstieg. Hans-Michael Holczer, der Selbstkontrollprogramme ihrer Fadenscheinigkeit wegen ablehnt, hat hingegen noch immer keinen neuen Geldgeber gefunden.

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