Deutsche Tischtennisspieler suchen neue Ziel: Wanken sollen sie

Nach einer erfolgreichen EM wollen die Deutschen Chinas Asse herausfordern. Die junge Mannschaft um Timo Boll hat das Potenzial dazu.

Noch nicht auf seinem alten Niveau - Timo Boll im Viertelfinale der EM in Stuttgart. Bild: dpa

STUTTGART taz | Die deutschen Tischtennis-Festspiele in Stuttgart hat Michael Maze doch noch gestört. Der überragende Däne stoppte Timo Boll im Einzel-Halbfinale der Europameisterschaften. Am Fazit von Christian Süß ändert das nichts. "Wir müssen neue Ziele definieren", verkündet der Düsseldorfer, der mit Boll zum dritten Mal das Doppel bei einer EM gewonnen hat.

Dem Rotschopf mit der Siegermentalität wird es auf dem Alten Kontinent zu langweilig. "Wir müssen nicht nur immer alles in Europa gewinnen", stellt der sechsfache Europameister fest. Und: "Wir müssen schauen, dass wir die Chinesen ins Wanken bringen und dann auch umhauen! Wir wollen mehr, als nur bis ins Finale einer WM zu kommen."

Jörgen Persson, der schwedische Weltmeister von 1991, sieht durchaus Gemeinsamkeiten zwischen den in den 80er- und 90er-Jahren auftrumpfenden Schweden und den Deutschen: "Die Mannschaft hat großes Potenzial, sie ist jung, und sie wird Europa deshalb sehr viele Jahre dominieren." Doch ganz so weit seien die Deutschen noch nicht. "Wir waren in der Welt führend. Die Deutschen müssen sich spielerisch noch weiterentwickeln, um China schlagen zu können."

Obwohl bei den Frauen die Dominanz der Chinesinnen noch weit erdrückender ist, gibt sich die neue Europameisterin aufmüpfig. "Als Profi muss man sich immer neue, höhere Ziele stecken. Auch wenn ich aus Asien stamme, will ich Asien jetzt angreifen", äußert die Kroppacherin Wu Jiaduo mit frischem Selbstvertrauen.

"Am Anfang steht der Glauben, dass Europa Asien schlagen kann", betont Richard Prause. Damit weiß sich der eloquente Herren-Bundestrainer einig mit Persson. Der Schwede schlägt in dieselbe Kerbe. "Man muss immer daran glauben. Gerade in Europa haben viele Nationen schon den Glauben aufgegeben. Mit Schweden haben wir das WM-Finale 1983 verloren, dann 1985, schließlich 1987. Aber wir haben nie den Glauben verloren. 1989 haben wir sie dann geschlagen." Prause sieht dabei erhebliche strukturelle Nachteile: "Bei den Chinesen kümmern sich allein 30 Leute um Videos - bei uns ist der gesamte Trainerstab so groß." Von seinen Athleten fordert Prause, die "Intensität für die globale Herausforderung zu erhöhen. Zweimal Tischtennis pro Tag macht inzwischen jeder".

Doch daran hapert es gerade bei seinem verletzungsanfälligen Topmann - den viele Betreuer hinter vorgehaltener Hand für zu wehleidig halten: Timo Boll. Nur Persson hebt offen hervor: "Timo ist ein Ausnahmespieler, aber er hat noch keine Einzelmedaille bei einer WM oder Olympia." Der zumindest Vorzeigespieler will sich als Einziger nicht mit den Chinesen beschäftigen. "Ich bin ja eher ein Tiefstapler", bemerkt Boll, "deshalb versuche ich erst mein altes Niveau wieder zu erreichen." Gut, dass er wenigstens im Doppel den aggressiveren Süß an seiner Seite hat. Die Links-rechts-Kombination könnte der Chinesen gemeinsam am ehesten Herr werden und in die Fußstapfen der Weltmeister von 1989, Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner, treten.

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