Nach Bayerns Sieg über den BVB: Was für eine rührende Show

Beim 5:1-Erfolg in Dortmund herzen und feiern sich Ribéry und van Gaal. Man spricht von Liebe. Wie viele Probleme der Bayern damit gelöst sind, bleibt fraglich.

Wieder ein Herz und eine Seele? Bayern-Trainer Louis van Gaal und Starspieler Franck Ribéry (r.). Bild: dpa

Der rote Kopf von Uli Hoeneß dient in schöner Regelmäßigkeit zur Illustration von großen Krisen beim FC Bayern München. Auch in Dortmund war die Durchblutung des Managergesichts wieder einmal enorm, die Wangen glühten, doch der Rest des Körpers von Uli Hoeneß sprach am Samstagnachmittag eine völlig andere Sprache.

Lässig stand er nach dem 5:1-Sieg seiner Bayern vor den Kabinen des Westfalenstadions, die Hände steckten in den Hosentaschen, und die Sätze, die Hoeneß formulierte, waren geprägt von tiefer Zufriedenheit. Der Manager sprach von einer "Demonstration", schwärmte von den Möglichkeiten, die der Kader zu bieten habe, vor allem freute ihn aber der öffentlich zur Schau gestellte Schulterschluss zwischen Mannschaft und Trainer.

Zuletzt war ja eifrig über einen angeblichen Konflikt zwischen Louis van Gaal und Franck Ribéry spekuliert worden, und nun produzierte Ribéry das Bild des Wochenendes. Nach seinem spektakulärem Freistoßtor zum 3:1 stürmte er auf den Trainer zu, wuchtete ihn mit einem wilden Sprung fast zu Boden, und Hoeneß erklärte: "Natürlich ist Franck ein Spieler, der immer spielen will, und er hat zu seinem Fitnesszustand manchmal eine andere Meinung als der Trainer." Aber grundsätzlich habe es "nie ein richtiges Zerwürfnis" zwischen den beiden gegeben.

Eine ganz ähnliche Interpretation der Geste lieferte van Gaal, der den französischen Tempospieler auch im fünften Saisonspiel nicht in die Anfangsformation berufen hatte. "Ribéry hat gezeigt, dass er seinen Trainer liebt, und er hat gezeigt, dass er ein großer Fußballspieler ist", sagte van Gaal, während Ribéry erklärte, man müsse sich eben erst "aneinander gewöhnen", er habe aber "nie ein Problem" mit van Gaal gehabt.

Spätestens bei diesem Satz entstand der Eindruck, dieses große Schauspiel der Versöhnung sei keine spontane Idee Ribérys, sondern eine geplante Inszenierung. Dortmunds Trainer Jürgen Klopp meinte jedenfalls süffisant: "Die Medienlandschaft scheint das notwendig gemacht zu haben." Die Botschaft ist klar: Der Trainer und der Star schreiten der Zukunft in größter Harmonie entgegen.

Alle Probleme sind damit aber noch längst nicht gelöst, das wurde auch in Dortmund deutlich. Denn in der ersten Halbzeit wirkte die Münchner Defensive permanent gefährdet, Hans-Jörg Butt strahlte wenig Sicherheit aus, zeigte Schwächen beim Rauslaufen, die linke Seite mit Edson Braafheid schien verletzlich wie ein Boxer mit Glaskinn, und Holger Badstuber ließ Mats Hummels nach einem Freistoß zum 1:0 für Dortmund einköpfen (11.). "Defensiv müssen wir einfach besser arbeiten", mahnte Philipp Lahm später, stritt aber ab, dass es sich um ein Problem der Abwehr handele. "Wenn die Viererkette Probleme bekommt, liegt das an der ganzen Mannschaft", erklärte er. Das Ausgleichtor von Mario Gomez fiel aus heiterem Himmel (36.) und spiegelte keineswegs den Verlauf dieser ersten Hälfte.

Doch dann kamen Ribéry (für Altintop) und Thomas Müller, der das 4:1 und das 5:1 erzielte (für Mario Gomez). "Als wir alles auf dem Platz hatten, was wir zu bieten haben, lief das Spiel dann für uns", sagte Hoeneß, Miro Klose, der gar nicht mit nach Dortmund gereist war, und den in der Halbzeit ausgewechselten Gomez zählt er offenbar derzeit nicht zu den tragenden Säulen des FC Bayern. Dass es nur noch einen zentralen Stürmer im Münchner System gibt, birgt neuen Konfliktstoff, wenn van Gaal an diesem System festhält, müssen von dem Trio Gomez, Klose und Luca Toni stets zwei auf der Bank sitzen.

"Das ist, wie wenn man eine neue Freundin hat, dann läuft es am Anfang auch nicht gleich perfekt", sagte Bastian Schweinsteiger, der Torschütze zum 3:1, über das Verhältnis des Teams zu van Gaal. Ribérys Schulterschluss mit van Gaal ist auch in diesem Gesamtkontext zu lesen, denn der Trainer hat ja wochenlang versucht, den Franzosen gegen seinen Willen ins zentrale Mittelfeld hinter zwei Spitzen zu versetzen. Diese Lösung ist seit der Verpflichtung des auch in Dortmund großartig spielenden Arjen Robben vorerst vom Tisch.

Ribéry dankte seinem Trainer mit einer tollen zweiten Halbzeit und der Showeinlage nach seinem fantastischen Freistoßtor. Der Konfliktherd ist damit von der Zehnerposition in die Sturmspitze gewandert, und das ist schon allein deshalb günstig, weil die Angreifer eher brave Naturen sind. Mario Gomez stieg jedenfalls wortlos mit seinem Köfferchen in den Bus, derzeit sieht es nicht danach aus, dass auch er irgendwann ein Tor mit dem Trainer bejubelt.

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