Schachweltallmeister Chamitoff: Wie im Flug

Mit Klettverschlüssen und einem verschollenen Turm aus dem Luftfilter: Der Astronaut Gregory Chamitoff ist der unangefochtene Meister des Weltraumschachs.

Musste sein Magnetschach zu Hause lassen: Bordingenieur Chamitoff. Bild: dpa

BADEN-BADEN taz Houston hatte ein Problem, ganz klar. Es war zwar nicht so schlimm wie seinerzeit bei der gescheiterten Apollo-13-Mission anno 1970, doch der Astronaut Gregory Chamitoff machte der Nasa ziemlich zu schaffen. Man spielte Schach. Chamitoff im Orbit in der Raumstation ISS. Während rund 350 Kilometer unter ihm der Inder Viswanathan Anand Weltmeister wurde und vergangene Woche Armenien in Dresden erneut die beste Nationalmannschaft stellte, zeigte der Bordingenieur seinen Kollegen, wer Weltallmeister ist: Chamitoff.

Die Bodenstationen führte der Amerikaner während seiner halbjährigen "Expedition 17" quasi im Vorbeifliegen vor. Während die ISS mit rund acht Kilometern pro Sekunde um die Erde raste, setzte Chamitoff sie in mehreren Partien matt. "Greg hat damit sein Ziel erreicht, indem er uns klarmachte, dass wir ihn nur schlagen können, wenn wir als Team zusammenarbeiten", befand Heather Rarick, die verantwortliche Flugdirektorin. Auf eine Revanche gegen die sechs Bodenstationen folgte noch eine Partie gegen die Besucher der Webseite des US-Schachverbandes. Die musste allerdings im 14. Zug unterbrochen werden, weil dringliche Arbeiten an der ISS und die Rückkehr mit der "Endeavour" anstanden.

Chamitoff musste einige Klippen umschiffen, um während seiner Mission auch gelegentlich seinem Hobby frönen zu können. Denn sein auserkorenes Magnetschach durfte der Astronaut nicht mit an Bord nehmen. Sicherheitsexperten der Nasa befürchteten technische Probleme durch die Magnete. Damit die 32 Figürchen nicht als Geschosse durch die ISS fliegen, ließ sich der Ingenieur etwas einfallen: "Seit Expedition 6 habe ich mir Gedanken darüber gemacht", berichtete der 46-Jährige. Seine Lösung lautete: Klettverschlüsse. Unter neu erworbene Plastikfiguren brachte Chamitoff "zu später Stunde an einem Wochenende" auf der Weltraumstation die mühsam zurechtgeschnittenen Klettverschlüsse an. "Die hohlen Plastikfiguren waren auch leichter", erzählte er von einem Gewichtsvorteil, weil jedes Crewmitglied nur wenige persönliche Dinge mitnehmen darf. Ein Problem hatte der gebürtige Montrealer, der wie Mike Fincke aus dem All an der US-Präsidentenwahl teilnahm, aber dann doch auch: Chamitoff suchte einmal verzweifelt eine Schachfigur.

"Einer meiner Türme verschwand für 24 Stunden spurlos", erzählte Gregory Chamitoff und atmete auf, als er das vermisste Plastikteil "in einem der Luftfilter im US-Labor" fand. Der Verlust war für Chamitoff daher nur kurzfristig ein Rückschlag. Es stand wohl in den Sternen, dass Houston dieser eigene Mehrturm nicht zum Sieg reicht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.