Kabinett beschließt Stipendienprogramm: Bund fördert Eliten
Das Stipendienprogramm für Studenten kommt - jedoch ohne Beteiligung der Länder - ab 2011. Bildungsministerin Schavan hofft nun auf ein Entgegenkommen bei der Bafög-Erhöhung.
BERLIN dpa /afp | Das Bundeskabinett hat am Mittwoch das erst im Juli vom Bundesrat verabschiedete Stipendiengesetz für leistungsstarke Studenten nachgebessert. Nun soll der Bund den gesamten öffentlichen Finanzierungsteil von 150 Euro pro Stipendium und Monat übernehmen. Die Stipendien sollen einkommensunabhängig vergeben werden und monatlich 300 Euro betragen, wobei die Mittel je zur Hälfte aus privater und öffentlicher Hand stammen sollen.
Die volle Kostenübernahme des staatlichen Anteils durch den Bund war Voraussetzung für die Zustimmung der Länderkammer zu dem heftig umstrittenen Gesetz. Mit dieser Zusage hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) quasi in letzter Minute den Widerstand der eigenen Unions- Ministerpräsidenten gebrochen.
Schavan sagt: "Revolution"
Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) versprach nach der Kabinettssitzung: "Ich führe dieses Programm zum Erfolg." Sie sprach von einer "Revolution" in der Studienfinanzierung.
Das Programm wurde allerdings deutlich abgespeckt. Es soll jetzt erheblich langsamer anlaufen und 2011/12 mit jeweils 10.000 neuen Stipendiaten starten. Aus dem "Nationalen Stipendienprogramm" wurde ein "Deutschlandstipendium". Nach den Koalitionsabsprachen sollten bereits 2013 rund 160.000 Studenten gefördert werden. Für Verwaltungskosten der Unis ist 2011 eine knappe Million Euro in Schavans Etat eingeplant.
Nach dem Entgegenkommen des Bundes beim Stipendiengesetz appellierte Schavan an die Länder, die bereits vom Bundestag beschlossene Bafög-Erhöhung nicht länger zu blockieren. Die Länder hatten am 9. Juli die Bafög-Erhöhung aus Kostengründen abgelehnt und geschlossen den Vermittlungsausschuss angerufen. Er tagt erstmals am kommenden Dienstag. Die Länder fordern, dass der Bund die gesamten Kosten der Erhöhung trägt oder der Finanzierungsschlüssel beim Bafög zu ihren Gunsten verändert wird. Bisher trägt der Bund 65 Prozent der Bafög-Ausgaben. Auf die Länder entfallen 35 Prozent. Schavan sagte, an diesem Verteilungsschlüssel werde nicht gerüttelt.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sagte: "Es ist unerträglich, dass die Bundesregierung nur für Stipendien Geld hat. Schwarz-Gelb darf die Bafög-Erhöhung nicht länger blockieren, damit nicht nur Eliten, sondern alle die gleiche Chance auf bestmögliche Bildung haben."
Leser*innenkommentare
Irene
Gast
Ich glaube nicht, dass die Stipendien der Eliteförderung dienen. Während meines Studiums waren die Studenten, die reiche Eltern hatten, nicht die Hellsten.
alles beim Alten
Gast
Wieso man das Stipendiensystem als Bevorzugung der Elite (Welcher eigentlich?) geißelt, finde ich schon sehr fragwürdig. Die Stipendien stehen doch jedem offen, der die nötigen Noten schafft. Somit können auch Studierende aus ärmeren Schichten ihr Studium finanzieren.
In Rumänien konnte ich sehen, dass das System sehr gut funktioniert. Allerdings waren dort die Privilegien andere. Es gab ein Studentenwohnheim, mit Doppelbelegung der Zimmer und funktionierenden Duschen und Toiletten, gegenüber einem Standard von Fünffachbelegung und gelegentlich funktionierenden Toiletten.
Ralph
Gast
Da kann man nur den Kopf schütteln. In meinem Studiengang gab es bereits viele Stipendien für die besten Studenten. Die haben natürlich diejenigen bekommen, die bereits erfolgreich studiert haben, d.h. vor allem auch, deren Studienfinanzierung gesichert war und die dafür in den meisten Fällen nicht einmal einen Finger rühren mussten (d.h. nicht dass die Eltern unbedingt reich waren!). Die haben sich von dem Geld - und das ist jetzt keine Übertreibung - Beamer zum Filme gucken, goldene Uhren, schicke Klamotten, Neuwagen (als Student in einer Großstadt!) oder eine Mitgliedschaft im Golfclub geleistet. Die Wackelkandidaten, die nicht unbedingt schlechtere Studenten waren, zur Finanzierung des Studiums aber mitunter mehrere Jobs annehmen mussten und daher schon die geforderten Credit Points pro Semester nicht erreichen konnten, erhielten natürlich keinen Cent. Aber der Horizont der meisten Menschen, und damit meine ich nicht nur Politiker, reicht halt nur bis zum Rand des Untertellers ihrer morgendlichen Tasse Kaffee. Und das wird sich niemals ändern (lassen).