Bundeswaldgesetz novelliert: Alpen sind kein Wald

Der Bundestag verabschiedet eine Novelle, die vor allem der Forstwirtschaft nützt. Privatinteressen würden wichtiger genommen als das Gemeinwohl, sagen Kritiker.

Was ist Wald und was ist kein Wald? Das Bundeswaldgesetz gibt die Antwort. Bild: ap

Fällt einem Wanderer im Wald ein trockener Ast auf den Kopf, kann er dann wie bisher den Waldbesitzer verklagen? Nein, künftig muss er sich bei einem Spaziergang auf "waldtypische Gefahren" einstellen - so liest der Deutsche Forstwirtschaftsrat das neue Bundeswaldgesetz. Dieses hatten Union und FDP am Donnerstagabend beschlossen.

Die Novelle regelt nun neu, welche Flächen überhaupt Wald sind. Kurzumtriebsplantagen, in denen Landwirte auf Äckern schnell wachsende Holzarten anbauen, bleiben künftig Äcker. Auch beweidete Bergwälder in den Alpen sind künftig kein Wald mehr. Das ist wichtig, weil im Wald andere Vorschriften und Subventionsregeln gelten als auf Ackerflächen.

Umweltverbände und die Opposition reagierten enttäuscht. Die Novelle liefere "keine Antworten auf die gestiegene Holznachfrage, den Klimawandel und den fortschreitenden Verlust der Artenvielfalt", sagt Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. "Das neue Waldgesetz schafft es nicht, dem Gemeinwohl Vorrang vor Privatinteressen zu geben", kommentiert der Vorsitzende des BUND, Hubert Weiger. Wichtige Aspekte wie das Kahlschlagsverbot, der Bodenschutz, die Bestandsverjüngung und der Biotopbaumschutz seien im Gesetz nicht geregelt.

Zufrieden zeigten sich Wirtschaftsverbände wie der Deutsche Forstwirtschaftsrat (dfwr). "Nach dem endlosen Hin und Her in der letzten Legislaturperiode ist es nun gelungen, ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das dem Wald, den Waldbesitzern und den vielfältigen Ansprüchen der Gesellschaft an den Wald umfassend gerecht wird", sagte DFWR-Präsident Georg Schirmbeck (CDU). Aus dem DFWR hieß es, die von Umweltverbänden geforderten ökologischen Mindeststandards seien im Bundeswaldgesetz nicht nötig, weil sie bereits in den Landeswaldgesetzen geregelt seien.

In dem entsprechenden Landesforstgesetz in NRW sei vielmehr der Name Programm, sagt Horst Meister, Sprecher des Arbeitskreises Wald beim nordrhein-westfälischen BUND. Das Gesetz formuliere zwar vage Soll-Vorschriften, etwa zum Einsatz von Insektengiften oder zum Kahlschlag. "Konkrete Vorgaben zur ökologischen Waldwirtschaft fehlen aber", kritisiert Meister, und die Realität hinter dem Gesetz sehe noch einmal ganz anders aus. So sei auf Flächen, die vom Orkan "Kyrill" 2007 verwüstet worden waren, Kurzumtriebsplantagen gepflanzt worden. Über ein Drittel des Waldes in NRW bestehe aus Fichten. "Der glatte Wahnsinn", sagt Meister. Der Klimawandel erfordere artenreiche Wälder mit vielen heimischen Baumarten.

Der BUND ruft nun Waldbesitzer dazu auf, ein Zehntel ihrer Waldflächen freiwillig ihrer natürlichen Entwicklung zu überlassen, um den Artenreichtum zu erhalten.

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