Grüne vermuten illegale Lagerung: Atommüll-Fässer falsch deklariert

Niedersächsische Grüne vermuten, dass im ehemaligen Salzbergwerk und Atommülllager Asse hochradioaktives Material illegal gelagert wird.

Wegweiser zum illegalen Lager? Bild: ap

HANNOVER taz In das nur für schwach- und mittelaktive Abfälle zugelassene Atommülllager Asse ist auch hochaktiver Kernbrennstoff eingelagert worden. Nach Angaben des Chefs der niedersächsischen Grünen-Fraktion, Stefan Wenzel, ergibt sich dies aus dem Unterlagen zur Asse, die dem Umweltausschuss des Landtages zur Verfügung gestellt worden. Wenzel erklärte das am Dienstag.

In dem ehemaligen Salzbergwerk, das zuletzt durch radioaktive Cäsium-Lauge von sich reden machte, wurden bis 1978 rund 126.000 Atommüllfässer eingelagert. Nach einer von den Grünen vorgelegten Genehmigung aus dem Jahr 1968 durften die Asse-Fässer bis zu 50 Gramm Uran 235 enthalten. Nach dem Atomgesetz gilt radioaktiver Müll aber bereits dann als Kernbrennstoff, wenn er pro 100 Kilo mehr als 15 Gramm Uran 235 oder wahlweise auch Plutonium enthält. Aus weiteren Betreiber-Unterlagen geht zudem hervor, dass in einzelnen dann eingelagerten Fässern bis 47 Gramm Uran 235 stecken soll.

Auch das Bundesumweltministerium gehe mittlerweile davon aus, dass in der Asse einzelne Fässer mit Kernbrennstoff eingelagert worden seien, sagte Wenzel. Gestützt wird die Auffassung des Grünen-Politikers auch durch die Angaben zum Euklid-Inventar, die der Betreiber seit Jahren macht.

Nach einer Berechnung des Helmholtz-Zentrums aus dem Jahr 2002 enthalten die 126.000 Asse-Fässer nämlich zusammen 102 Tonnen Uran, 87 Tonnen Thorium und 11,6 Kilo Plutonium. Geht man bei dem Uran von einem für Brennelemente typischen Gehalt von 5 Prozent Uran 235 voraus, so wurden immerhin 5 Tonnen Uran 235 in der Asse vergraben. Wäre der Kernbrennstoff auf alle 126.000 Fässer gleich verteilt - was aber nicht anzunehmen ist -, würden in jedem Fass 40 Gramm Uran 235 stecken.

Um dem Gehalt des Asse-Mülls an Kernbrennstoff und an hochradioaktiven Abfällen wirklich auf den Grund zu gehen, verlangte der Grünen-Politker gestern weitere Untersuchungen. Aus drei besonders verdächtigen Einlagerungskammern des Salzbergwerks müsse man jeweils 20 Fässer wieder herausholen und ihren Inhalt genau untersuchen, sagte Wenzel. Dazu müssten die Betonmauern vor den drei Kammern geöffnet und die Fässer mit Hilfe von Robotern geborgen werden.

Der Grünen-Politiker verwies zudem darauf, dass 90 Prozent des radioaktiven Inventars in der Asse aus der Wiederaufarbeitung stammen. Sie wurden seinerzeit von Forschungszentrum Karlsruhe in das Salzbergwerk bei Wolfenbüttel geliefert. In der WAA (Wiederaufbereitungsanlage) Karlsruhe wurde seinerzeit die Wiederaufarbeitung von abgebrannten Brennelementen erprobt. Dort stand die Vorläuferanlage für die erst im Wendland und später bei Wackersdorf geplante große deutsche WAA.

Nach Angaben von Wenzel hatten die Betreiber der Asse keine Genehmigung für den Umgang mit Kernbrennstoffen, die spätestens 1976 durch Änderung des Atomgesetzes notwendig wurde. Der Umgang mit Kernbrennstoffen in der Anlage sei "strafbar", so der Grünen-Politiker. Er forderte erneut einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, um die Vorgänge aufzuklären. JÜRGEN VOGES

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