Auto-Teststrecke im Weserbergland: Erlkönige statt Wildkatzen

Im oberen Weserbergland soll eine Autoteststrecke entstehen. Dagegen regt sich Widerstand. Vor der Baugenehmigung hat der Landkreis schon mal Rodungen erlaubt.

Ganz neue Modelle, die vor der Öffentlichkeit noch geheim gehalten werden, nennt man "Erlkönige". Bild: ETH Zürich

BELRIN taz | Auf der Webseite des Bilster Berg Drive Resort gibt man sich selbstbewusst: "Dieses Projekt vereint wie kaum ein anderes Herz, Verstand und Verantwortung." Doch bereits 2012 sollen auf dem ehemaligen britischen Militärgelände unweit des Teutoburger Walds die Motoren dröhnen.

Marcus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff will hier eine Teststrecke für Autohersteller errichten. Und auch Autofans dürfen ihre Karossen auf der 4,2 Kilometer langen Strecke auf bis zu 250 km/h beschleunigen. Das Vorhaben soll 34 Millionen Euro kosten und komplett privat finanziert werden.

Der Kreis Höxter wird voraussichtlich in den nächsten Wochen über den Bau entscheiden. Für Samstag haben die Bürgerinitiative "Ruhe am Bilster Berg" und der BUND in Bad Driburg eine Demonstration gegen das Projekt angekündigt. Sie befürchten tiefe Eingriffe in die Natur und Lärmbelästigung.

Rote Milane, Kammmolche, Zwergfledermäuse, Wildkatzen

Während der militärischen Nutzung entwickelte der Bilster Berg sich zu einem wichtigen Schutzraum für seltene Tiere, was sich nach dem Abzug der Briten noch verstärkt hat. Rote Milane, Kammmolche, Zwergfledermäuse sind hier beheimatet – auch Hinweise auf Wildkatzen gibt es. Bereits im Januar hatten Naturschutzverbände wie Nabu und BUND gefordert, unabhängigen Experten Zugang zum im Privatbesitz liegenden Bilster Berg zu gewähren und den Naturbestand zu überprüfen.

Obwohl die Baugenehmigung noch aussteht, hatte der Kreis Höxter Ende Februar umfangreiche Rodungen auf dem Gelände erlaubt. "Dieses Vorgehen ist absolut dreist und schafft kein Vertrauen", sagt Josef Tumbrinck, Vorsitzender des Nabu NRW. Die Projektinitiatoren verweisen auf "Ausgleichsmaßnahmen".

Doch nach den Rodungen im Februar ließe sich nun nur noch schwer überprüfen, inwieweit diese ausreichten, kritisiert Tumbrinck. Trotzdem sei eine Bestandsaufnahme weiterhin möglich. Theo Elberich, Vorsitzender des Nabu-Kreisverbands Höxter, sieht nach den Ausgleichsmaßnahmen den Naturschutz hingegen ausreichend berücksichtigt. Nach der gescheiterten Klage eines Bauern zeigt Elberich für weitere Proteste nur noch wenig Verständnis. "Das Ding ist durch", glaubt er.

Kurort betroffen

Wie sich die Autostrecke letztendlich auf den Tourismus auswirken könnte, der in der Region bislang viel Ruhe und Natur findet, ist unklar. So beträgt die Luftlinie zwischen dem Bilster Berg und dem heilklimatischen Kurort Nieheim gerade mal zwei Kilometer. Der Nieheimer Bürgermeister Rainer Vidal Garcia (CDU) äußert Verständnis für die Kritik, sieht die Strecke aber vor allem als Chance für den strukturschwachen Raum. "Alle Parteien fordern doch wirtschaftliche Impulse für die Region."

Auf der Webseite des Projekts machen die Streckenbauer den Automobilherstellern das Testen ihrer neuen Modelle – im Szenejargon "Erlkönige" – schon mal schmackhaft. Hier auf dem abgeschiedenen Bilster Berg könnten sie ungestört getestet werden.

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