Gefährlicher AKW-Standort in Japan: Warten auf das Beben von Tokai

Der nächste große Atomgau droht 200 Kilometer südlich von Tokio im AKW Hamaoka. Die Atomanlage steht direkt auf der Grenze von drei großen tektonischen Erdplatten.

Für Besucher gibt es extra eine Beobachtungsplattform mit Blick auf die Reaktorblöcke von Hamaoka. Bild: dpa

TOKIO taz | Fukushima hat den Japanern bereits schwer zugesetzt, und ein Ende der Nuklearkatastrophe ist nicht abzusehen. Dabei hat die seit mehr als einem Jahrzehnt eigentlich befürchtete Katastrophe noch gar nicht stattgefunden.

Rund 200 Kilometer südlich von Tokio in der dicht besiedelten Kanto-Gegend um die beiden 2-Millionen-Einwohner-Städte Nagoya und Osaka steht mit Hamaoka eines der leistungsstärksten Atomkraftwerke der Welt. Seit Jahren warnen Experten, dass es genau an dieser Stelle ein schweres Erdbeben der Stufe 8,5 und mehr geben könnte.

Es hat auch schon einen Namen: das große Tokai-Beben. Trotz der Warnungen und der aktuellen Fukushima-Katastrophe hält der Stromkonzern Chubu aber weiter am Betrieb von Hamaoka fest.

Seit mehr als einem Jahrzehnt warnen Geophysiker und atomkritische Initiativen, dass das Atomkraftwerk am denkbar ungünstigsten Ort errichtet wurde. Denn unmittelbar unter Hamaoka treffen gleich drei Platten der Erdkruste aufeinander. Experten zufolge wird die Gegend deshalb etwa alle 100 bis 150 Jahre von einem schweren Erdbeben heimgesucht.

Das letzte große Erdbeben liegt bereits mehr als 150 Jahre zurück. Dass das Tokai-Beben bislang ausgeblieben ist, macht die Gefahr nicht kleiner. Im Gegenteil: Je länger das Beben auf sich warten lässt, desto stärker bauen sich die Spannungen zwischen den Krustenplatten auf.

"Es wird verheerend werden"

"Es wird kommen, und es wird verheerend werden", prognostiziert Geophysiker Naoki Suda von der Universität Nagoya. Er steht nicht allein da. Nahezu alle Experten teilen diese Einschätzung. Umstritten ist nur der Zeitpunkt.

Derzeit betreibt Chubu in Hamaoka noch drei der insgesamt fünf Siedewasserreaktoren. Die Leistung liegt aktuell bei rund 3,4 Gigawatt. Weil die Reaktoren mit Meerwasser gekühlt werden, kam es auch ohne Erdbeben in der jüngeren Vergangenheit immer wieder zu Pannen und Unfällen.

So etwa 2006, als große Mengen Quallen den Einlass verstopften. Die Betreiber sahen sich daraufhin gezwungen, die Leistung zu drosseln. Anfang 2009 musste Chubu die zwei ältesten Reaktoren wegen Sicherheitsbedenken endgültig vom Netz nehmen.

Spätestens mit dem Bau des fünften Blocks hat sich seit 2000 in und um Nagoya eine breite Protestbewegung formiert, die die Abschaltung der gesamten Anlage fordert.

Doch nicht nur wegen der zu erwartenden starken Erdstöße des Tokai-Bebens sind die Reaktoren von Hamaoka so gefährdet und gefährlich. Studien haben ergeben, dass das Atomkraftwerk einer Flutwelle von maximal 8 Meter Höhe standhalten würde.

Der Betreiber hat zwar angekündigt, dass die Schutzmauern auf 12 Meter erhöht werden, doch besonders vertrauenerweckend wirkt diese Maßnahme nicht. Bei dem Tsunami am 11. März in und um Fukushima lag die Höhe der Flutwelle bei mehr als 15 Metern.

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