Erfolg beim Abpumpen im Golf vom Mexiko: Wende beim Kampf gegen die Ölpest

Nachdem am Sonntag erste Versuche fehlschlugen, meldete BP am Abend einen Durchbruch. Anscheinend gelingt es inzwischen, große Teile des austretenden Öls aufzufangen.

Hat das bald ein Ende? Ausgetretendes Öl direkt über dem Bohrloch der Deepwater Horizon. Bild: dpa

HAMMOND/VENICE apn/dpa/rtr | Große Teile des seit Wochen unkontrolliert austretenden Öls im Golf von Mexiko werden jetzt aufgefangen. Das teilte BP am Sonntagabend mit. Den Ingenieuren ist es gelungen, ein Rohr in die zerstörte Steigleitung zu setzen, um hervorsprudelndes Öl in einen Tanker abzupumpen.

Um wieviel Öl es sich genau handelt, und wieviel Öl noch ins Meer entweicht, darüber konnte oder wollte BP Sonntagabend keine Aussagen machen. BP-Vizechef Kent Wellser sagte lediglich, dass die Menge des abgepumpten Öls kontinuierlich zunehme.

Seit einer Explosion auf der Bohrinsel "Deepwater Horizon" am 20. April und ihrem dadurch ausgelösten Untergang flossen jeden Tag mindestens 800.000 Liter unkontrolliert ins Meer.

BP zeigte sich optimistisch, das Leck binnen einer Woche schließen zu können. Die US-Regierung zeigte sich allerdings deutlich zurückhaltend gegenüber der Erfolgsmeldung. "Diese Technik ist keine Lösung für das Problem und es ist nicht klar, wie erfolgreich es sein kann", erklärten Heimatschutzministerin Janet Napolitano und Innenminister Ken Salazar.

Die Techniker des Ölkonzerns hatten drei Tage daran gearbeitet, das Rohr in 1.600 Metern Tiefe an die Leitung anzuschließen. Mit ferngesteuerten Untersee-Robotern gelang es nun, das 15 Zentimeter dicke Rohr mitsamt einer Dichtung in die 53 Zentimeter breite Leitung zu stecken.

Zuvor waren mehrere Versuche gescheitert, das Bohrloch zu verschließen oder das austretende Öl abzupumpen.

Gewaltige Ölschwaden unter Wasser entdeckt

Zugleich gab es aber neue Negativ-Nachrichten: US-Wissenschaftler entdeckten riesige Unterwasser-Ölschwaden. Diese seien bis zu 16 Kilometer lang, sechs Kilometer breit und hätten eine Höhe von rund 100 Meter. "Im Vergleich zu dem, was wir an der Wasseroberfläche sehen, gibt es eine erschreckenden Menge an Öl in der Tiefe", sagt die Meeresforscherin Samantha Joye von der University of Georgia. Laien wie Experten hatten sich immer wieder gefragt, warum der Ölteppich an der Meeresoberfläche nicht viel dicker ist.

Der Sauerstoffgehalt in der Nähe der Ölschwaden liege bereits rund 30 Prozent unter den Normalwerten, dies könnte sich zu einer echten Gefahr für Meerestiere auswachsen. "Dies ist alarmierend", sagte die Forscherin der New York Times. Ursache könnte der Einsatz jener Chemikalien sein, die das Öl bereits unter Wasser zersetzen sollen.

Dabei hatte der britische Ölkonzern BP erst kurz zuvor Erfolg mit dem Einsatz der Chemikalien gemeldet: Das Mittel zersetze das Öl, damit es natürlich im Meer abgebaut werden könne. Die US- Umweltbehörde hatte den Unterwasser-Einsatz der Mittel erst kürzlich zugelassen – entgegen Bedenken von Umweltschützern.

Die Methode, mit der die BP-Experten das austretende Öl auffangen wollen, gilt als extrem schwierig. "Die Prozedur ist noch niemals zuvor in einer solchen Tiefe versucht worden...", hieß es. Um in der eisigen Kälte der Tiefe Kristallbildung zu verhindern, müsse Methanol in das Absaugrohr geleitet werden.

Zugleich warnen die Experten vor allzu hohen Erwartungen: Die Methode könne nicht das gesamte austretende Öl aufsaugen. "Diese Methode ist aber ein wichtiger Schritt, die Menge des austretenden Öls zu verringern."

Obama greift Ölindustrie scharf an

Zuvor hatte US-Präsident Barack Obama die Ölindustrie in ungewöhnlich scharfer Form wegen ihrer gegenseitigen Schuldzuweisungen angegriffen. "Was jetzt wirklich zählt: Hier fließt Öl ins Meer", sagte Obama am Freitag. "Und das müssen wir so schnell wie möglich stoppen." Er versprach, die Ölkonzerne künftig schärfer zu kontrollieren. Es habe viel zu lange ein "behagliches Verhältnis" zwischen staatlicher Aufsicht und Ölindustrie gegeben.

Insider in Washington meinen, Obama müsse nun Kritik aus den eigenen Reihen fürchten. Manche Demokraten lehnen Off-Shore-Bohrungen ab. Dies könne vor den Kongresswahlen im Herbst zu einem Risiko werden. Bisher hätten die Demokraten direkte Angriffe auf ihren Präsidenten vermieden, meinte die New York Times.

Allzu starke Kritik an den Ölkonzernen wiederum könnte andere Industriezweige verschrecken – die ihre Wahlspenden dann eher den Republikanern zukommen lassen. Die Wahlen im November sind entscheidend, es geht um die Parlamentsmehrheit des Präsidenten.

Es wird weiter Bohrungen in der Tiefsee geben

Trotz der Umweltkatastrophe wird es nach Ansicht von BP-Chef Tony Hayward auch in Zukunft Ölbohrungen in großen Meerestiefen geben. Genauso wenig wie das Unglück von Apollo 13 zum Ende der Raumfahrt geführt habe oder schwere Flugzeugunglücke die Menschen abgehalten hätten, weiter zu fliegen, werde das Ölleck zum Ende der Suche nach Ölfeldern in tiefen Gewässern führen, sagte Howard am Samstag in einem BBC-Interview.

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