EU startet Transparenz-Offensive: Bankenstress für alle

Beim EU-Gipfel ging es um vertrauensbildende Maßnahmen. Die Mitgliedsstaaten werben für eine internationale Bankenabgabe und wollen Stresstest von Banken veröffentlichen.

Müssen sich warm anziehen: Banken. Bild: dpa

BRÜSSEL taz | Vertrauen gewinnen hieß die Zauberformel beim eintägigen EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel. Das gilt für Spanien, das bis Ende Juni den Vorsitz der EU führt und seit Tagen Gerüchte über einen drohenden Staatsbankrott abwehren muss. Das gilt aber auch für die Eurozone, deren Währung sich gegenüber dem Dollar nur schlecht behauptet und mehrere Mitgliedsstaaten, deren Kreditwürdigkeit herabgestuft wurde. "Nichts ist besser als Transparenz, um jedes Gerücht ohne Basis zu zerstreuen", erklärte Spaniens Regierungschef Zapatero nach dem Gipfel. "Deshalb werden wir Stresstests für all unsere Banken, wie wir es am Mittwoch angekündigt haben, veröffentlichen.

Die übrigen EU-Länder einigten sich gestern darauf, diesem Beispiel zu folgen. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy kündigte an, dass die EU-Kommission die Daten bis spätestens Ende Juli veröffentlichen wird. 25 europäische Großbanken waren sogenannten Stresstests unterzogen worden. Dabei wird berechnet, ob eine Bank beispielsweise die Pleite einer Großbank wie Lehman Brothers überleben kann. Der Untergang von Lehman Brothers im September 2008 hat die schlimmste Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst.

Herman Van Rompuy berichtete auch, dass sich die EU auf eine gemeinsame Position für die internationalen Finanzverhandlungen Ende des Monats in Toronto geeinigt hat. Sie will dort eine internationale Bankenabgabe fordern. "Wenn es darüber im Rahmen der G20 keine Einigung gibt, wird es die EU allein machen", sagte er. Man werde sich in Toronto auch für eine Finanztransaktionssteuer einsetzen. Die EU-Kommission soll rasch Gesetzesvorschläge für ein Verbot von Leerverkäufen und eine Kontrolle der Credit Default Swaps vorlegen, die die Krise in Griechenland angeheizt hatten. Der Gipfel bekräftigte auch, dass die Verhandlungen mit dem EU-Parlament über die neuen Europäischen Aufsichtsgremien für den Finanzmarktsektor möglichst noch vor der Sommerpause des Parlaments abgeschlossen werden sollen.

Bislang sind die Positionen von Rat und Parlament aber noch sehr weit auseinander. Das Parlament will die Rolle der Europäischen Finanzaufsicht stärken, vor allem Großbritannien ist dagegen. Am Morgen hatte Parlamentspräsident Jerzy Buzek bei seinem Auftritt vor den Regierungschefs deutlich gemacht, dass das Parlament seine neue Mitentscheidungsrolle selbstbewusst wahrnehmen will. Er forderte die Staatschefs auf, die Abgeordneten nicht länger bei wichtigen Entscheidungen wie zum Beispiel den Wachstumszielen für die Wirtschaftsentwicklung des kommenden Jahrzehnts oder der Stärkung des Stabilitätspakts zu ignorieren.

Der Gipfel beschloss, den Stabilitätspakt zum einen durch eine intensivere Überwachung der Haushaltsdisziplin der Mitgliedstaaten, zum anderen durch mögliche weitere Sanktionen bei Verstößen zu stärken. So sollen der EU-Kommission von 2011 an die nationalen Haushalte im Frühjahr vorgelegt werden - also noch vor der Verabschiedung durch die Parlamente der EU-Mitgliedstaaten. Defizitsündern drohen neue Strafmaßnahmen, während auf der anderen Seite finanzielle Anreize für Staaten geschaffen werden sollen, welche die Defizitvorgaben einhalten.

Estland kann zum 1. Januar 2011 als 17. Mitglied zur Eurozone stoßen. Die EU-Kommission attestierte dem kleinen Land mit 1,3 Millionen Einwohnern bereits im Mai, fit für den Euro zu sein. In der Tat wäre Tallinn mit einem prognostizierten Defizit von 2,4 Prozent und einer Gesamtverschuldung von 9,5 Prozent des BIP in diesem Jahr mit weitem Abstand Euro-Klassenprimus und würde als einziger Staat den Stabilitätspakt einhalten.

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