Schuldeneindämmung der EU-Länder: Kommission will Haushalte kontrollieren

Nach dem Beschluss von EU-Hilfen bekommt Griechenland das erste Geld. Doch die Märkte bleiben nervös, der Eurokurs gibt wieder nach.

Die Aktienmärkte geben wieder nach. Bild: dpa

Die Euphorie an den Märkten währte nicht lange. Noch während der EU-Ministerrat am Dienstagmorgen das Rettungspaket für die Eurozone endgültig verabschiedete und die Bundesregierung das entsprechende Gesetz in Deutschland auf den Weg brachte, gaben Eurokurs und Aktienmärkte wieder nach. Nachdem die EU-Mitgliedstaaten und der Internationale Währungsfonds in der Nacht zu Montag Kreditzusagen von zusammen 750 Milliarden Euro in Aussicht gestellt hatten, um die Spekulation gegen den Euro zu stoppen, war der Kurs der Gemeinschaftswährung am Montag auf 1,31 Dollar gestiegen. Doch bis Dienstagnachmittag fiel er wieder unter 1,27 Dollar.

Offenbar sind die Märkte nicht überzeugt, dass die Ankündigung der Rekordkredite ausreichend ist. Dadurch "sind die Haushaltsprobleme der Defizitsünder nicht gelöst", hieß es etwa bei Analysten der Hessischen Landesbank. Tatsächlich erleichtern die Kreditzusagen zwar die Zinslast der Eurostaaten mit hohen Schulden und erschweren die Spekulation auf eine Pleite von Eurostaaten, aber an den strukturell defizitären Haushalten ändert sich dadurch ebenso wenig wie an den bestehenden Handelsungleichgewichten in der Eurozone. Die EU-Kommission will darum bereits am heutigen Mittwoch Vorschläge präsentieren, wie die Schulden in den Mitgliedsländern eingedämmt werden können.

EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn erklärte, wie diese aussehen sollen. Geplant sei, dass die EU in Zukunft die Haushalte aller Eurostaaten absegnet. "Künftig müssen die Regierungen ihre Haushaltsentwürfe mit der Eurozone abstimmen, bevor sie von den nationalen Parlamenten verabschiedet werden", sagte Rehn dem Handelsblatt. Bei Bedarf werde die Kommission einschreiten und Änderungen verlangen. Deutschland hatte entsprechende Überlegungen bisher als unzulässige Einschränkung der nationalen Souveränität bezeichnet.

Während die EU also vor allem darauf setzt, Ausgaben zu reduzieren, um die Schulden zu begrenzen, lehnen 160 europäische Ökonomen, Sozialwissenschaftler und Gewerkschafter diesen Weg ab. In einem offenen Brief an die EU-Führung, den die Wirtschaftswissenschaftler Gustav Horn vom deutschen IMK-Institut und Philip Arestis von der Universität Cambridge initiiert haben und der der taz vorliegt, warnen sie vor einer einseitigen Strategie das Sparens und der Ausgabenkürzung. Damit allein könnten Staaten wie Griechenland oder Portugal die Krise nicht überwinden. "Sie müssen die Möglichkeit haben, durch Wachstum herauszukommen." Das sei nur möglich, wenn die Handelsungleichgewichte innerhalb von Europa abgebaut werden. In Ländern wie Griechenland und Spanien, die mehr importieren als exportieren, müssten Löhne und Preise relativ gesehen sinken. In Staaten mit einem starken Handelsüberschuss wie Deutschland hingegen müssten die Löhne stärker steigen als die Produktivität; andernfalls drohe "die Währungsunion zu explodieren".

Während beim 750-Milliarden-Euro-Paket für die gesamte Eurozone noch unklar ist, ob, wann und in welcher Höhe diese Kredite tatsächlich in Anspruch genommen werden, werden die kurz zuvor beschlossenen Hilfen für Griechenland von bis zu 110 Milliarden Euro schneller gebraucht als erwartet: Bereits am Dienstag beantragte die griechische Regierung die Auszahlung einer ersten Kredit-Tranche in Höhe von 20 Milliarden Euro, um die Zahlungsunfähigkeit zu verhindern.

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