Ikea ignoriert Arbeitsunfälle: Lebst du noch?

Gewerkschaften klagen über Missstände bei einem türkischem Lieferanten des Möbelhauses Ikea. Jetzt verspricht der schwedische Konzern schärfere Kontrollen.

Lebst du noch oder schuftest du schon? Bild: reuters

STOCKHOLM taz Viele Arbeitsunfälle, einige mit Todesfolge. Druck auf die Gewerkschaften und Kündigung aktiver Gewerkschafter und deren Familienangehörigen. Das ist Gewerkschaftern zufolge die Realität für türkische Beschäftigte, die für Menderes Tekstil, einem der größten Lieferanten für Ikea-Textilien, arbeiten. Die schwedische Metallarbeitergewerkschaft IF Metall hat diese Zustände in der vergangenen Woche öffentlich gemacht. Deren Sekretär für Internationale Beziehungen, Hans Palmqvist, sagt: "Wir wundern uns, dass man bei Ikea da kein durchgängiges Muster sieht." Ikea spricht nämlich von bedauerlichen Einzelfällen, gesteht nur vereinzelte Klagen zu.

Menderes Tekstil ist mit 4.000 Beschäftigten einer der größten Arbeitgeber im südwesttürkischen Denizli. Ikea kauft laut türkischer Gewerkschaften 60 Prozent der dortigen Produktion, nach Auskunft von Ikea sollen es nur 20 bis 25 Prozent sein. Jedenfalls sei Ikea einer der größten Kunden, sagt Palmqvist, und könnte damit die dortigen Arbeitsbedingungen beeinflussen: "Umso mehr, als Ikea einen Verhaltenskodex formuliert hat, wie Angestellte behandelt werden und unter welchen Verhältnissen sie arbeiten sollen."

"Akzeptable Arbeitsbedingungen" verlangt der "The IKEA Way"-Kodex (IWAY), und davon kann nach Meinung der schwedischen Sektion des internationalen Netzwerks Clean Clothes Campaign bei Menderes nicht die Rede sein. Dort würden vielmehr Menschenrechte verletzt und die Textilarbeitergewerkschaft Teksif an ihrer Arbeit gehindert. Aus Protest gegen Entlassungen von Arbeitnehmervertretern bzw. Druck auf diese, aus der Gewerkschaft auszutreten, hatten Gewerkschaften schon ab Mitte August vergangenen Jahres 190 Tage vor den Fabriktoren demonstriert.

Laut Rena Kläder und IF Metall hat es in dem Unternehmen in den letzten Jahren vier Arbeitsunfälle mit tödlichem Ausgang gegeben, den letzten am 20. November 2008, als ein Arbeiter in einen Dampfkessel stürzte. Engin Sedat Kaya von der Gewerkschaft Teksif gegenüber dem schwedischen Rundfunk: Dieser Arbeiter habe kein Sicherheitsseil gehabt, viele Unglücke in den letzten Jahren könnten direkt auf mangelnde Sicherheitsanordnungen zurückgeführt werden. Menderes verstoße gegen die Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation ILO und auch gegen Ikeas IWAY, kritisiert Rena Kläder. Es habe auch bereits im Herbst ein Treffen zwischen Teksif-Repräsentanten und Ikea stattgefunden. Doch sei danach nichts passiert, insbesondere habe Menderes auch die entlassenen Gewerkschafter nicht wieder eingestellt.

Nachdem schwedische Medien die Vorwürfe aufgegriffen hatten, kündigte Kent-Åke Ahlgren, Einkaufschef von Ikea-Europa, erneute Kontrollen an, um den Vorwürfen auf den Grund zu gehen. Man müsse die Zusammenarbeit beenden, wenn IWAY nicht eingehalten werde. Cecilia Kennberg von Rena Kläder kritisiert, dass bislang so wenig passiert sei, obwohl Ikea bereits im Mai 2008 erstmals auf die Probleme hingewiesen worden sei.

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