Steuern auf Finanzgeschäfte: Nationale Alleingänge sind möglich

Internationale Steuern auf Finanzmarktgeschäfte könnten die Mittel zur Krisenbekämpfung schaffen, doch ein globaler Konsens ist schwer. Nationale Alleingänge wären eine erste Lösung.

Ein bisschen Spaß muss trotz Krise sein: Banker feiern an der New Yorker Börse. Bild: dpa

Die Kombination von Finanzkrise und Wahlkampf machts möglich: Die SPD entdeckt den Reiz internationaler Finanztransaktionssteuern, um so die Finanzwelt an der Finanzierung der Krisenbekämpfung zu beteiligen. Auf dem G20-Gipfel in Pittsburgh soll für die Idee Werbung gemacht werden. Kanzlerin Angela Merkel signalisierte Unterstützung, lehnt aber nationale Alleingänge ab. Frankreich und Österreich haben sich hinter den Vorschlag gestellt. Doch auf dem EU-Sondergipfel vergangene Woche konnte sich die EU auf keine gemeinsame Haltung einigen, nicht zuletzt aufgrund des britischen Widerstands.

Damit geht die Diskussion um die Einführung internationaler Steuern in eine neue Runde. Begonnen hat sie 1972, als der US-Ökonom James Tobin die Idee einer Devisentransaktionssteuer entwickelte. Bei jedem Umtausch einer Währung in eine andere sollte eine Art Umsatzsteuer erhoben werden. 70 Mal größer als der Welthandel mit Waren und Dienstleistungen ist der Devisenhandel inzwischen. Der größte Teil der Währungsgeschäfte findet also gar nicht zur Finanzierung realer Transaktionen statt. Die Steuer soll die kurzfristige Spekulation auf Wechselkursschwankungen unattraktiver machen - und nebenher dringend benötigte Mittel für die Entwicklungsfinanzierung beschaffen.

Die SPD macht sich jetzt allerdings für etwas viel Weitergehendes als die Tobin-Steuer stark. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück erklärte kürzlich in einem taz-Interview: "Ich setze mich mit Frank-Walter Steinmeier für eine internationale Steuer auf alle finanzielle Transaktionen ein" - also auch auf Geschäfte mit Wertpapieren wie Aktien und Anleihen." Der SPD schwebt eine Ministeuer von 0,01 bis 0,05 Prozent vor, also höchstens 500 Euro für einen Deal über eine Million Euro.

Aber auch bei einem minimalen Steuersatz von 0,01 Prozent dürften sich Steuereinnahmen in Höhe von 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ergeben, hat das österreichische Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo ausgerechnet, selbst wenn man von einem Rückgang des Handelsvolumens um ein Drittel infolge der Steuer ausgeht. 17,5 Milliarden Euro wären das 2008 für Deutschland gewesen - und für die EU, die USA und Japan zusammen schon umgerechnet rund 180 Milliarden Euro.

Auch wenn man es bei der Besteuerung von Devisentransaktionen, bewenden lässt, kommen noch erkleckliche Summen zusammen. Die UN-Expertenkommission zur Reform des Finanzsystems unter Leitung des US-Ökonomen Joseph Stiglitz hat die geschätzten Einnahmen mit 15 bis 35 Milliarden US-Dollar pro Jahr beziffert.

Das Team Steinbrück-Steinmeier hat seinen Vorschlag einer globalen Finanzmarktsteuer noch erweitert um eine nationale Börsenumsatzsteuer, also eine Steuer, die bei jedem Kauf von Aktien, Anleihen oder Investmentfondsanteilen fällig wird. Bis 1991 hat es das in Deutschland ohnehin gegeben. Die Steuer wurde abgeschafft, als die neoliberale Devise hieß, die Deutschen sollten ein Volk von Aktionären werden. Ihre Wiedereinführung könnte laut einer Wifo-Untersuchung bei einem Steuersatz von 0,1 Prozent ein zusätzliches Steueraufkommen von bis zu 35 Milliarden Euro bringen.

Großbritannien erhebt immer noch eine solche Steuer in Höhe von 0,5 Prozent, wenn auch nur auf Geschäfte mit heimischen Aktien. Dem Finanzplatz London hat es nicht geschadet . Übertrieben scheint also das regelmäßig vorgebrachte Argument, Finanztransaktionssteuern könnten im nationalen oder regionalen Alleingang nicht eingeführt werden, weil Anleger und Spekulanten dann sofort auf andere Märkte ausweichen würden.

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