Ab ins Kiezkino: Den Glanz der Großstadt retten

Berlin lebt von seiner Subkultur. Damit die nicht verloren geht, müssen vor allem kleine Kinos und Konzertsäle durch Besuche unterstützt werden.

Ein leerer Kinosaal mit einem roten Vorhang

Kleine Kinos bleiben oft leer Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Berlin ist dreckig und speziell im Winter, wenn einem hier alles nur noch endlos regennass und grau vorkommt, droht einem in dieser Stadt schon mal die Depression. Nicht einmal eine Wahl kriegen wir ordentlich hin. Und wo andere Weltstädte wie London und Paris, mit denen wir uns doch längst auf Augenhöhe wähnen, an jeder Ecke Prunk und Glorie verströmen, haben wir auf diesem Sektor gerade mal eine lächerliche Stadtschlosskopie. Und immerhin das Berghain, zu dem jeder Berlintourist pilgern muss, um diese Attraktion wenigstens einmal von außen betrachten zu dürfen.

Berghain – dessen Nennung weist zu dem, was wir stattdessen haben und womit wir glänzen, deutschland- und sogar weltweit: eine Kulturlandschaft in allen nur erdenklichen Schattierungen: Die meisten und die tollsten Clubs, eine Dichte an Kinos mit qualitativ hochwertigem Programm wie nirgendwo sonst. Jede Band auf Deutschlandtournee tritt auch bei uns auf, ein Theater-, Literatur oder Sonst-was-Festival jagt das andere. Die nächste queere Location? Gleich ums Eck ist eine. Und da drüben noch eine. Sogar so etwas wie eine Esskultur haben wir inzwischen. Wer hätte das vor ein paar Jahren gedacht in der ewigen Stadt der Currywurstbuden?

Aber gerade scheint es mit der Kultur den Bach runterzugehen. Und Berlin trifft diese Entwicklung ganz besonders hart. Denn wie gesagt: Mehr als unsere Kultur haben wir ja eigentlich nicht.Die Pandemie ist kaum noch Thema, es sollte also überall wieder kulturell total abgehen, schließlich wollten doch alle während der tristen Coronamonate angeblich nur eins: endlich mal wieder bei einem Livekonzert Energien spüren, wieder einen Film auf einer großen Leinwand sehen.

Stattdessen nun aber: Krisenstimmung überall. Die Schlangen vor den Clubs sind kürzer, weil weniger Touristen in der Stadt sind. Die Theater rätseln, wann ihr Publikum denn nun zurückkommen mag. Liegt's am Ende gar am Programm oder haben sich die Leute einfach von der Bühnenschauspielkunst entwöhnt?

Die Kleinen leiden

Die Kinobranche ist ebenfalls am Jammern, weil die Zuschauer fehlen. Zumindest der Teil, der nicht bloß Blockbuster zeigt. Die laufen nämlich, während die kleinen Independentfilme in großer Zahl einfach untergehen. Im Konzertbetrieb genauso: The Cure, Udo Lindenberg, die Shows der Altmeister sind ausverkauft, obwohl die Ticketpreise inzwischen teilweise unanständig hoch sind. Newcomer-Bands dagegen canceln ihre Tourneen, weil bereits die Vorverkäufe zu schleppend laufen.

Bei den Großen also läuft es besser denn je, während die Kleinen darben. Mit fatalen Folgen: Schließlich ist bei uns vor allem die Subkultur wichtig. Wenn die zerfällt, dann wird das Berlin sicherlich nicht guttun. Die Frage ist also: Wann wird diese Entwicklung enden – und wird sie überhaupt enden? Wahrscheinlich nur, wenn wir die Nischenkunst neu entdecken. Am besten, indem wir gleich heute ins nächste Kiezkino oder Konzert gehen. Ist schön da. Und rettet nebenbei den Glanz von Berlin.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.