Abriss und Neubau des Jahnstadions: Keine andere Wahl

Ohne Abriss keine Barrierefreiheit: Der Berliner Senat hat beim Jahnsportpark bekommen, was er wollte. Dennoch hat er viel Vertrauen verspielt.

Modell des Jahnsportparks

Neben dem Stadionneubau gibt es auch Platz für Freizeitsport: Modell des künftigen Jahnsportparks Foto: O+M Architekten/Senatsverwaltung für Stadtentwicklung

Hätte das Jahnstadion mit seiner markanten Tribüne zumindest in Teilen erhalten werden können? Nein, sagte dazu am Donnerstag Uwe Schröder der Vorsitzende der Jury eines Architektenwettbewerbs. Alle Entwürfe, die eine Einbeziehung der Tribüne oder gar des ganzen Stadions beinhaltet haben, so Schröder, hätten die Fragen der Inklusion nicht beantworten können.

Dass es an dieser Aussage bis zuletzt Zweifel gab, haben sich die Verantwortlichen allerdings selber zuzuschreiben. Von Anfang an hat die Sportverwaltung unter dem damaligen Senator Andreas Geisel (SPD) keinen Zweifel gelassen, worum es ihr ging: Abriss des alten Jahnstadions und Neubau eines schicken Runds, das nicht nur behindertengerecht, sondern auch zweitligatauglich sein solle. Richtig auf die Tube gedrückt hat der Senator, weil er auch einen prestigeträchtigen Eröffnungstermin vor Augen gehabt hat: Die 2023 stattfindenden Special Olympics in Berlin.

Dafür ist es nun viel zu spät. Außerdem ist Geisel nicht mehr Sport-, sondern Bausenator, und wer weiß, ob er das über den 12. Februar 2023 hinaus noch bleiben wird. Doch auch als klar war, dass der Termin für die Secial Olympics nicht zu halten sein wird, hat die Sportverwaltung weiter auf einen Abriss gedrungen. Widerstand der Bauverwaltung war keiner zu erwarten. Selbst eine so streitbare Senatorin wie Katrin Lompscher hat sich aus dem Konflikt fein herausgehalten.

Ganz im Gegensatz zu den Grünen und der Bürgerinitiative Jahnsportpark. Wiederverwertung, Nachhaltigkeit, auch Identität waren ihre Stichworte. Und sie waren, zumindest zeitweise, erfolgreich. Im Rahmen eines Werkstattverfahrens war plötzlich wieder von einem möglichen Erhalt des Stadions die Rede. Zumindest sollte ernsthaft geprüft werden, ob nicht auch ein (teilweiser) Umbau inklusiv werden könne. Entsprechend offen war die Auslobung des Wettbewerbs formuliert, der am Donnerstag mit der Präsentation des Siegerentwurfs von O+M Architekten endete.

Fluchtlichtmasten bleiben

Die Frage, ob beides, Barrierefreiheit und Nachhaltigkeit, unter einen Hut zu bekommen sei, ist damit beantwortet. Nein, ist es nicht. Auch der Vertreter der Bürgerinitiative in der Jury hat das einsehen müssen. Er freut sich nun, dass wenigstens die Flutlichtmasten erhalten bleiben. Funktional sind sie nicht mehr, moderne Stadien werden übers Dach beleuchtet. Nicht zu unrecht ist deshalb von einer Reminiszenz die Rede, zu der auch das rote Band am neuen Stadiondach gehört, das an die alte rote Tribüne erinnert.

Auch die Sportverbände, allen voran der Landessportbund, sind nun zufrieden. Sie hatten von Anfang an auf einen inklusiven Jahnsportpark gedrungen. Glaubhafter wäre es gewesen, sie hätten auch einmal von Nachhaltigkeit und grauer Energie gesprochen. Denn genau darum ging es bei der Juryentscheidung: Um die Abwägung zweiter wichtiger Prämissen. Die darf man sich nicht leicht machen.

Die Jury hat das verstanden. Die Politik musste erst dahin getragen werden. Keine guten Aussichten für das Thema Nachnutzung von Bestandsbauten in Berlin.

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Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.

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