Abschiebe-Pläne der Bundesregierung: Länder für weitere Verschärfung

Men­schen­recht­le­r*in­nen sind entsetzt über Faesers Abschiebegesetz. Ländern und Kommunen geht das Vorhaben dagegen nicht weit genug.

Polizeibeamte begleiten einen Mann auf dem Flughafen Leipzig-Halle in ein Charterflugzeug

Unter Zwang zurück ins Herkunftsland: Abschiebung am Flughafen Leipzig-Halle 2019 Foto: Michael Kappeler/dpa

BERLIN epd | Die vom Bundeskabinett auf den Weg gebrachte Verschärfung der Abschiebepraxis wird nach Einschätzung des Deutschen Städtetages und von Innenministern aus der Union kaum Wirkung entfalten. Der Städtetag dringt auf Rücknahmeabkommen mit den jeweiligen Herkunftsländern, und auch die Innenminister verlangen weitergehende Maßnahmen, um illegale Migration nach Deutschland zu begrenzen.

Städtetag-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy sagte dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Donnerstag): „Das Ziel, Menschen ohne Bleibeperspektive in Deutschland schneller zurückzuführen, ist richtig. Aber wirksam werden diese Maßnahmen erst, wenn die Herkunftsländer diese Menschen auch aufnehmen.“ Dafür müssten schnell verlässliche Rücknahmeabkommen mit den jeweiligen Herkunftsländern geschlossen werden.

Die Bundesregierung will mit mehr Befugnissen für Polizei und Behörden die Zahl der Abschiebungen steigern. Der am Mittwoch beschlossene Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams von 10 auf 28 Tage zu verlängern, Abschiebungen nicht mehr vorab anzukündigen und die Befugnisse der Polizei bei Durchsuchungen in Gemeinschaftsunterkünften zu erweitern. Die Pläne müssen noch vom Bundestag beraten und verabschiedet werden.

Nach Ansicht des brandenburgischen Innenministers Michael Stübgen (CDU) ist der Gesetzentwurf „ein erster Baustein“, der „jedoch noch einiger Überarbeitung im parlamentarischen Verfahren“ bedürfe. „Im Ergebnis können durch die Regelungen im Gesetz in Einzelfällen Abschiebungen erleichtert und Verwaltungsverfahren beschleunigt werden“, sagte Stübgen der „Welt“ (Donnerstag).

Die Zahl der Abschiebungen werde durch dieses Gesetz aber nicht nennenswert erhöht werden. „Abschiebungen scheitern in der Regel daran, dass die Passpapiere fehlen oder die Herkunftsländer ihre Landsleute nicht zurücknehmen wollen. Diese Probleme werden durch den Gesetzentwurf nicht gelöst“, sagte Stübgen.

Peter Beuth (CDU), Innenminister in Hessen und derzeit Sprecher der unionsgeführten Länder in der Innenministerkonferenz, sagte der „Welt“: „Dass dieser Gesetzentwurf keine nennenswerte Entlastung der Kommunen bringen wird, muss allen klar sein.“ Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte der Zeitung, das Gesetz sei „bestimmt kein Allheilmittel“. „Ohne entsprechende Abkommen zur Rücknahme von ausreisepflichtigen abgelehnten Asylbewerbern mit den häufig wenig kooperativen Herkunftsländern, die allein der Bund verhandeln und durchsetzen kann, wird es nicht gelingen, die Rückführungszahlen massiv zu erhöhen“, sagte Herrmann.

Ende September lebten nach Angaben des Bundesinnenministeriums 255.000 ausreisepflichtige Ausländer in Deutschland. Rund 205.000 von ihnen hatten aber eine Duldung, können aktuell also nicht abgeschoben werden. Rund 12.000 Abschiebungen gab es in diesem Jahr laut Ministerium bis Ende September. Das sind mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, aber deutlich weniger als in der Zeit vor der Coronapandemie.

Menschenrechtsorganisationen wie ProAsyl hatten den Gesetzesentwurf in den letzten Wochen und Monaten immer wieder kritisiert. Sie sehen in den neuen Regelungen teils Grundrechtsverstöße. Auch aus Teilen der Grünen-Fraktion hatte es Kritik an den Plänen gegeben.

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