Air-France-Flugzeug gilt als abgestürzt: Mysteriöses Unglück

Auf dem Flug von Rio nach Paris ist die Maschine mit 228 Insassen über dem Atlantik abgestürzt. 26 Deutsche sollen an Bord gewesen sein. Frankreich bittet die USA um Hilfe bei der Suche.

Beschützt vor dem großen Medienandrang werden Angehörige der vermissten Passagiere aus dem Flughafen in Rio de Janeiro gebracht. Bild: reuters

PARIS taz | Etwas mehr als 13 Stunden nach dem Verschwinden von Flug Nummer 447 spricht die Gesellschaft "Air France" auf ihrer Internet-Seite den Angehörigen der 228 Opfer ihr Beileid aus. Doch sowohl die genauen Umstände der Katastrophe, wie auch der Unglücksort über dem Atlantik bleiben mysteriös. Bei "Air France" ist sowohl von einem Versagen des Stromkreislaufs des Airbus A330-200, als auch von der Möglichkeit eines fatalen Blitzeinschlags die Rede. "Wir haben verschiedene Szenarien", sagte Staatspräsident Nicolas Sarkozy am frühen Montagabend den Journalisten, die ihn am Flughafen Roissy interviewen, nachdem er lange mit Angehörigen der Opfer und mit Verantwortlichen von Air France gesprochen hat: "aber die Spezialisten können noch nicht präzise sagen, was passiert ist. Wir sind nur sicher, daß es starke Turbulenzen gab."

Im Laufe des Tages waren in Frankreich alle möglichen Hypothesen erörtert und wieder verworfen worden. Sie reichten von einem Anschlag über eine Entführung, bis hin zu einem Materialschaden oder einem Unwetter. Die Katastrophe ist mit 228 Opfern eine der schwersten der zivilen Luftfahrt in Frankreich und weltweit. Unter den Opfern ist eine Mehrheit von Brasilianern (80), aus Frankreich stammen 73 Opfer, aus Deutschland 26 und aus Italien 18 Opfer. Die übrigen Passagiere des Airbus A 330-200 kommen aus den USA, aus zahlreichen europäischen Ländern sowie aus den Philippinen. An Bord der Maschine waren unter anderem sieben Kinder und ein Baby. Auch mehrere Spitzenmanager von großen französischen Unternehmen sollen in der Maschine gewesen sein.

Seine letzte Funktnachricht - "Wir geraten in eine Zone mit starken Turbulenzen" – gab der Pilot von Flug Nummer 447 dreieinhalb Stunden nach dem Start in Rio ab. Er war mit mehr als 11.000 Flugstunden ein besonders erfahrener Pilot. Auch seine beiden Co-Piloten galten als erfahrene Leute. Die Maschine befand sich beim Zeitpunkt ihres Verschwindens rund 500 Kilometer von der brasilianischen Küste entfernt. In einer Zone des Atlantiks, die nicht komplett per Radar überwacht ist. Nach dem letzten Funkspruch registrierten die Towers noch eine Reihe von technischen Mitteilungen aus der Maschine. Darunter die Nachricht von einem elektrischen Versagen an Bord.

00.19 Uhr: Der Airbus A330-200 verlässt mit 216 Passagieren und zwölf Besatzungsmitgliedern an Bord den Flughafen Tom Jobim in Rio de Janeiro mit Ziel Charles de Gaulle in Paris.

03.30 Uhr: Letzter Funkkontakt zwischen der brasilianischen Luftraumüberwachung und dem Cockpit der Air France-Maschine.

04.00 Uhr: Die Maschine fliegt in ein Gebiet mit heftigen Turbulenzen, Stürmen und Gewittern.

04.14 Uhr: Air France erhält von dem Airbus mehrere automatische Nachrichten, die auf einen Ausfall mehrerer Komponenten schließen lassen, darunter der elektrische Kreislauf an Bord der Maschine.

Die brasilianische Luftwaffe erklärte später, das Flugzeug sei etwa zu diesem Zeitpunkt rund 1.500 Kilometer nordöstlich von Rio de Janeiro über dem Meer verschwunden.

Ab 05.00 Uhr: Die französischen Streitkräfte versuchen, das Flugzeug auf dem Radar ausfindig zu machen.

09.30 Uhr: Air France richtet einen Krisenstab ein. Die brasilianische Luftwaffe beginnt rund um die Inselgruppe Fernando de Noronha einen Sucheinsatz. Einige Stunden später sagt der Vorstandsvorsitzende von Air France, Pierre-Henri Gourgeon, in Paris: "Wir stehen ohne Zweifel vor einer Luftfahrtkatastrophe."

Alle Zeitangaben beziehen sich auf die mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ)

Was nach dem letzten Funkspruch geschah ist unbekannt. Offenbar hatte die Besatzung nicht einmal mehr Zeit, um einen Notruf abzugeben. Am Montagabend, als brasilianische und französische Flugzeuge und Schiffe die mutmaßliche Katastrophenzone bereits seit Stunden absuchten, ist immer noch keine Spur des Flugzeugs aufgetaucht. Signale von den beiden Black Boxes gab es nicht. Am Montagabend bittet Frankreich die USA um Hilfe bei der Suche nach den Resten des verschwundenen Flugzeugs.

In der Zone, wo das Flugzeug "verschwand", tobte in der Nacht zu Montag ein schweres Gewitter. Eines von der Art, wie es an Atlantiküberquerungen gewöhnte Piloten aus zahlreichen Erfahrungen in der Gegend rund um den Äquator kennen. Außerdem sind Flugzeuge im Prinzip gegen Blitze gesichert. Statistisch gesehen werden Flugzeuge alle 1.000 Kilometer von einem Blitz getroffen. In der Regel hat das keine fatalen Folgen. Ob – und warum – tatsächlich ein Blitz eine elektrische Panne an Bord des erst fünf Jahre alten Flugzeuges, das zuletzt im April technisch geprüft wurde, ausgelöst haben könnte, müssen die Ermittlungen klären.

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