Amoklauf an finnischer Schule: Schütze erliegt seinen Verletzungen

Ein finnischer Jugendlicher hat seine Schuldirektorin und sieben Schüler getötet. Den Kopfschuss, den er sich nach der Tat selbst setzte, überlebte er zunächst schwer verletzt. Zuvor hatte er seinen Amoklauf im Internet angekündigt.

In einem Video kündigte der Schüler seine Tat an haben Bild: dpa

TUUSULA rtr/dpa/taz Der Jugendliche, der am Mittwoch in seiner Oberschule im finnischen Tuusula bei einem Amoklauf acht Menschen getötet hatte, ist tot. Er erlag noch am Abend des selben Tages im Krankenhaus den schweren Schussverletzungen, die er sich nach der Tat selbst zugefügt hatte.

Bei dem Amoklauf starben der Polizei zufolge fünf Jungen, zwei Mädchen und die Direktorin der Schule. Ein Lehrer sagte, der Schütze sei systematisch vorgegangen und habe sich Klassenzimmer für Klassenzimmer vorgenommen. "Er klopfte an die Tür und schoss von der Tür aus", sagte Kim Kiuru, der sich aus dem Gebäude gerettet hatte. "Ich konnte es nicht glauben. Ein Schüler, den ich selbst unterrichtet habe, kommt auf mich zu, schreiend, mit einer Waffe in der Hand." Kiuru unterrichtete zu Beginn der Schießerei eine achte Klasse und sorgte dafür, dass seine Schüler durchs Fenster fliehen konnten. In dem Gebäude, in dem sich auch eine Mittelschule befindet, werden rund 500 Schüler unterrichtet.

Stunden zuvor war auf der Internetseite YouTube ein Video unter dem Titel "Jokela High School Massacre - 11/7/2007" eingestellt worden, das von dem Täter stammt. Auf ihm ist zunächst ein Gebäude zu sehen, bei dem es sich offenbar um die Oberschule handelt. Es ist mit aggressiver Musik unterlegt und trägt als Absenderkennung die Bezeichnung "Sturmgeist89". Das gespielte Lied heißt "Stray Bullet", soviel wie "verirrte Kugel". Das Gebäudefoto löst sich dann in Stücke auf und dahinter erscheint das rot gefärbte Bild eines Mannes, der mit seiner Waffe auf die Kamera zielt. "Ich bin bereit zu kämpfen und für meine Sache zu sterben", heißt es in einer Mitteilung desselben Absenders. Er treffe eine natürliche Auswahl und werde alle ausradieren, die es nicht wert seien, der menschlichen Rasse anzugehören. Wie die Polizei mitteilte, hatte der Jugendliche seit dem 19. Oktober einen Waffenschein für die Tatwaffe. Er sei Mitglied in einem Sportschützenverein gewesen, hieß es.

Die Polizei hatte die Schule am Mittwoch stundenlang umstellt. Ängstliche Eltern bangten vor den Absperrungen um ihre Kinder. Als ein Bus des Roten Kreuzes vor einem naheliegenden Gemeindezentrum einer Kirche überlebende Schüler absetzte, brach eine Mutter in Tränen aus. Sie hatte ihr Kind unverletzt durch die Fenster erspäht. "Das ist ein friedlicher Ort", sagte der Bürgermeister der rund 35.000 Einwohner zählenden Stadt, rund 50 Kilometer nördlich von Helsinki. "So etwas ist noch nie geschehen und muss auch nicht erwartet werden." Ministerpräsident Matti Vanhanen drückte den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus und sagte, die Tat sei ein "extrem trauriges Ereignis". Der Vorfall ist der folgenschwerste in Finnland seit einem Bombenanschlag auf ein Einkaufszentrum in Helsinki im Jahr 2002. Bei der Explosion des Sprengsatzes kamen damals der Täter und sechs weitere Menschen ums Leben. An finnischen Schulen ist Gewalt selten. Seit 1999 kam es Medienberichten zufolge zu vier Messerstechereien, bei denen niemand getötet worden ist.

Im Fernsehen schilderten Schüler den Amokläufer als stillen Einzelgänger, der vor allem in letzter Zeit "merkwürdig" gewirkt habe. Der 18-Jährige stammt aus einer Musikerfamilie mit mehreren Kindern in Tuusula. Die Lehrer der Oberschule hoben das Interesse des Täters an Geschichte und dabei vor allem an faschistischen Bewegungen hervor.

Inzwischen hat Finnlands Ministerpräsident Matti Vanhanen eine Überprüfung der Waffengesetze angekündigt. Der Amoklauf von Tuusula werde mit Sicherheit die Meinungen über Handfeuerwaffen beeinflussen, sagte Vanhanen auf einer Pressekonferenz am Mittwoch. Bisher hatte er erklärt, wegen der niedrigen Kriminalitätsrate in Finnland gebe es keinen Bedarf für schärfere Waffengesetze.

Etwa 56 Prozent der Finnen besitzen einer Analyse des Genfer Hochschulinstituts für internationale Studien zufolge eine Feuerwaffe. Diese Quote ist die weltweit dritthöchste nach der der USA und des Jemens. Das Mindestalter zur Beantragung liegt in Finnland bei 15 Jahren. Ein Vorschlag der Europäischen Union, die Altersgrenze auf 18 Jahre anzuheben, war auf Protest der Regierung in Helsinki gestoßen.

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