Anschlag auf Istanbuler Flughafen: Wie der IS nach Istanbul kam

Die Attentäter von Istanbul hatten offenbar russische Pässe. Seit Wochen gab es eine Warnung vor einem IS-Anschlag am Flughafen.

Eine Frau mit Koffer steht vor den Checki-In-Schaltern in Istanbul

War unter erhöhter Alarmbereitschaft: Der internationale Flughafen in Istanbul Foto: ap

ISTANBUL taz | Einen Tag nach dem Terroranschlag auf den Istanbuler Atatürk Flughafen verdichten sich die Hinweise, dass es sich bei den Tätern um ein IS-Selbstmordkommando gehandelt hat. Nach türkischen Medienberichten ist die Identität der Attentäter geklärt: Es sei ein Usbeke, ein Kirgise und ein Russe gewesen, die 32 Tage vor der Tat in die Türkei eingereist sind.

Nach Informationen des Senders Haber Türk hat die Polizei die Vorgeschichte und Umstände des Anschlages mittlerweile weitgehend rekonstruieren können. Nachdem man anhand von Aufnahmen der Überwachungskameras Fotos der Attentäter generieren konnte und eventuell auch Fingerabdrücke oder anderes genetisches Material der Attentäter sicherstellen konnte, seien zunächst die Identitäten der Männer ermittelt worden. Danach konnte man den Zeitpunkt der Einreise der Männer feststellen. Ihr Ausgangsort sei das IS-Hauptquartier in Syrien, Rakka, gewesen. Wo sie die Grenze zur Türkei überquerten, ist noch nicht bekannt.

Die Polizei konnte den Wohnort der Männer in Istanbul ermitteln und den Weg, den sie per Taxi zum Flughafen genommen haben. Der Taxifahrer sagte aus, die Männer hätten sich völlig unauffällig verhalten und keinerlei Anspannung oder Nervosität erkennen lassen. Nachdem sie vor der Abflughalle des internationalen Teils des Flughafens aus dem Taxi gestiegen sind, sei ein Zivilpolizist aufmerksam geworden, weil die Männer trotz der Hitze mit großen Jacken bekleidet gewesen seien.

Türkische Zeitungen haben mittlerweile die interne Kommunikation der Zivilpolizisten veröffentlicht. Als ein Polizist einen der Angreifer nach seinem Pass fragte, eröffnete dieser das Feuer und rannte anschließend eine Außentreppe zur Ankunftshalle hinunter. Dort sprengt er sich vor der Ankunftshalle in die Luft. Die beiden anderen Männer hätten derweil vor der Gepäckkontrolle im Eingangsbereich der Halle mit Maschinenpistolen das Feuer eröffnet.

Im anschließenden Chaos gelang es einem der Angreifer in die Halle zu kommen. Er wurde von einem Polizisten verfolgt, der mehrmals auf ihn schoss, aber letztlich nicht verhindern konnte, dass der verletzte Attentäter noch seinen Sprengstoffgürtel zünden konnte. Der Dritte versuchte ebenfalls noch in die Ankunftshalle zu kommen, wurde aber von einem Zollbeamten gestoppt und sprengte sich daraufhin ebenfalls in die Luft.

Ehröhte Alarmbereitschaft

Laut Polizei hatten die drei Angreifer keine Helfer innerhalb des Flughafens. Ob sie bei den Vorbereitungen des Anschlags Unterstützung durch andere IS-Zellen in Istanbul hatten, wird noch ermittelt. Die Polizei führte am Donnerstagvormittag mehrere Razzien gegen vermutete IS-Wohnungen durch und nahm neun Verdächtige fest. Dass Zivilpolizisten die Attentäter teilweise noch vor der Eingangshalle des Flughafens stellen konnten, soll darauf zurückgehen, dass der türkische Geheimdienst bereits vor 20 Tagen davor gewarnt hat, dass IS-Kommandos einen Anschlag auf den Flughafen, die Hagia Sophia oder das Hauptquartier der AKP in Istanbul vorbereiten würden. Es habe deshalb bereits eine erhöhte Alarmbereitschaft geherrscht.

Mittlerweile hat sich die Zahl der Toten auf mindestens 44 erhöht, – außer den drei toten Attentätern – mehr als 94 Verwundete werden nach Behördenangaben noch in Krankenhäusern behandelt. Unter den Getöteten sind 19 Ausländer, als größte Gruppe sechs aus Saudi Arabien. Deutsche wurden nicht getötet, lediglich ein Deutscher sei unter den Verletzten.

Die Türkei hat für einen Tag Staatstrauer angeordnet, ansonsten versucht man aber, so schnell wie möglich wieder „Normalität“ herzustellen. Am Flughafen wurden die Spuren des Attentats in großer Eile verwischt, Reisende berichten am Donnerstagvormittag es seien kaum noch Schäden zu sehen. Der gesamte Ablauf sei wieder „wie immer“.

Der Beitrag wurde um 18.40 Uhr aktualisiert (mit dpa/ap).

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