Arbeitskampf bei Lieferando: Unbefristeter Streik droht

Mit einer Demo versuchen Lieferando-Mitarbeiter:innen das Management zu Tarifverhandlungen zu bewegen. Doch das blockt bislang ab.

Teilnehmer eines Streiks der Kuriere des Restaurant-Lieferdienstes Lieferando fahren mit Rädern und laufen durch die Stadt.

Bereits im Mai streikten die Lieferando-Fahrer:innen für einen Tarifvertrag Foto: dpa

BERLIN taz | Der Arbeitskampf bei der Lieferfirma Lieferando spitzt sich weiter zu. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), die Fah­re­r:in­nen des Unternehmens vertritt, kündigte für Donnerstag einen weiteren Warnstreik mit einer Demonstration vor dem Lieferando-Hauptquartier in der Cuvrystraße in Kreuzberg an. „Es ist die letzte Möglichkeit für den Arbeitgeber, unbefristete Streiks abzuwenden“, sagt Gewerkschafter Mark Baumeister der taz.

Seit Februar fordert die NGG Lieferando dazu auf, mit ihr über einen Tarifvertrag für die Fah­re­r:in­nen zu verhandeln. Doch bislang blockte das Unternehmen jegliche Angebote ab. Bei der Aktion am Donnerstag handelt es sich um die fünfte Arbeitsniederlegung in diesem Jahr.

Die NGG fordert unter anderem einen Stundenlohn von 15 Euro sowie Zuschläge. Derzeit erhalten die Fah­re­r:in­nen den Mindestlohn von 12 Euro, plus Boni für das erreichen einer bestimmten Zahl von Lieferungen.

Für die Demo mobilisiert die Gewerkschaft bundesweit. Baumeister rechnet mit über hundert Teilnehmer:innen, darunter nicht nur Fahrer:innen. In anderen Städten hätten auch Re­stau­rant­be­sit­ze­r:in­nen mitgemacht, die unter den hohen Provisionen leiden, sagt Baumeister. Der Gewerkschaftler kritisiert, dass es in anderen Ländern, in denen der Mutterkonzern Just Eat Takeaway aktiv ist, bereits Tarifverträge gebe. Ein Sprecher des Unternehmens kommentierte, dass die Fah­re­r:in­nen bereits vergleichbar viel wie Lie­fer­fah­re­r:in­nen der Systemgastronomie nach Tarif verdienen.

Konkurrenz in Schieflage

Dabei steht das Unternehmen im Vergleich zu der Lieferkonkurrenz wirtschaftlich verhältnismäßig gut dar. Bei den Online-Supermärkten Getir und Gorillas, erst im Dezember von Getir übernommen, scheint es deutlich größere Probleme zu geben. Das legt zumindest ein am Sonntag auf Twitter veröffentlichter interner Nachrichtenverlauf zwischen einem Filialbetreiber und dessen Angestellten nahe.

Dort kündigt der Filialbetreiber an, dass die Fah­re­r:in­nen bis auf weiteres nicht die vertraglich vereinbarten Schichten zugeteilt und bezahlt bekommen. „Wir haben nicht einmal die Hälfte unserer normalen Bestellungen bekommen“, heißt es in der Nachricht, „es geht jedem Store aktuell in Deutschland so.“

Auf taz-Anfrage wollte ein Sprecher von Getir die Nachricht nicht kommentieren. Ein Mitarbeiter der Filiale, der anonym bleiben möchte, bestätigt gegenüber der taz, dass es schon seit Februar Unregelmäßigkeiten mit den Lohnzahlungen gebe und immer wieder deutlich weniger Lohn gezahlt werde als vertraglich vereinbart. Gleichzeitig werde den Fah­re­r:in­nen nahegelegt, zu kündigen oder sich einen weiteren Nebenjob zu suchen, berichtet der Fahrer. Er vermutet, dass die Filialleitung möglichst viele Mit­ar­bei­te­r:in­nen dazu drängen möchte, selbst zu kündigen, um Abfindungen zu vermeiden.

Gegen Lieferdienste wie Lieferando, Wolt und Getir kommt es immer wieder zu Klagen wegen Lohnzurückhaltung und Arbeitsrechtsverletzungen.

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