Arbeitsunfall im Kölner Zoo: Die Schöne und das Biest

Nachdem ein Tiger im Kölner Zoo eine Pflegerin getötet hat, hyperventilieren die Medien. Doch es handelt sich um einen normalen Arbeitsunfall.

Vaterlos: Tigerjunges im Kölner Zoo. Bild: dapd

Ein Sibirischer Tiger hat im Kölner Zoo seine Pflegerin getötet, der Zoodirektor hat ihn danach erschossen. Ursache war wohl ein Versehen der Frau: bei Reinigungsarbeiten hat sie die Großkatze nicht sicher ausgesperrt. Gleich hyperventiliert die Medienlandschaft, der Albtraum ist eine Traumstory: wildes Tier versus schöne Frau, Tragödie und ein martialisches Finale mit dem Großkalibergewehr.

Dabei handelt es sich, so traurig es ist, um einen ganz normalen Arbeitsunfall. Bekommt der Elektriker einen tödlichen Schlag, ist das nicht einmal der Lokalzeitung mehr als eine Randnotiz wert, wird der Arbeiter an der Metallpresse zermalmt, fordert niemand die Abschaffung von Metallpressen.

Zootiere sind wilde Tiere, sie zu zeigen, ist der Sinn der Einrichtungen. Mit ihnen zu arbeiten birgt immer ein Risiko, wenn sicher auch mehr Tierpfleger auf dem Weg zu ihrer Arbeit im Straßenverkehr verunglücken als dort selbst. Daraus nun abzuleiten, die Haltung von Großkatzen sei tierquälerisch, weshalb der Tiger habe flüchten wollen, ist eine absurde Vermenschlichung. Wenn Mensch und Tiger aufeinandertreffen, kann es nun einmal Tote geben.

In freier Wildbahn sind das meistens die Katzen. Der Sibirische oder Amur-Tiger ist, wie alle Tiger-Unterarten, stark gefährdet. In den Zoos allerdings ist die Population stabil, die Geburten müssen sogar kontrolliert werden, weil die Unterbringungsmöglichkeiten begrenzt sind. Die Gefahr für die Großkatzen besteht in erster Linie in der fortschreitenden Lebensraumzerstörung und der Jagd auf diversen abergläubischen Tand. Allen Bemühungen von Artenschützern zum Trotz gehen die Bestände weiter zurück.

Da müssen die Zootiere womöglich eines Tages als Backup-Population dienen, vor allem aber können sie helfen, als Botschafter ihrer Art die Menschen für ihre desaströse Lage zu sensibilisieren. Und überhaupt erst mal Verständnis für sie zu schaffen, denn immer noch herrschen unbegründete Angst und Unverständnis gegenüber wilden Tieren – wie die Reaktionen auf den Unfall in Köln eindrucksvoll beweisen.

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