Der Landesvater ist abgemeldet

Die Stadt Eldoret verdankte ihr Wirtschaftswunder Moi. Das Wunder ist vorbei. Die Loyalität zu Moi auch

ELDORET taz ■ Die meisten Zimmer sind leer, über den Schreibtisch des Direktors rennen Kakerlaken. Am Eingang heben ein paar Männer in weißen Kitteln Milchkannen aus dem Kofferraum eines Autos.

Die Milchkooperative KCC in Eldoret bietet einen trostlosen Anblick. Vor ein paar Jahren noch wurden hier täglich 120.000 Liter Milch verarbeitet. Korruption und Missmanagement trieb den halbstaatlichen Betrieb in den Konkurs. Unter dem Namen KCC-2000 verarbeitet man jetzt noch 6.000 Liter pro Tag.

In Eldoret, einer Stadt mit 600.000 Menschen im westlichen Hochland von Kenia, gibt es außerdem eine leere Deckenfabrik, einen verlassenen Textilbetrieb und eine stillgelegte Gerberei. 50.000 Arbeitsplätze verlor in den letzten Jahren die Stadt.

Eldoret ist das Zentrum der Heimatregion des Kalenjin-Volkes, der Ethnie von Daniel arap Moi. Seit dessen Amtsantritt 1978 erfuhr der Ort sein Wirtschaftswunder. Straßen und ein internationaler Flughafen entstanden, die Telefone funktionieren, Wasser und Strom fließen. Die Kalenjin waren glücklich mit ihrem berühmten Sohn. Jetzt haben die Leute von ihrem Landesvater genug.

Auf einem holprigen Fußballplatz sammeln sich tausende Menschen, um einigen Oppositionsführern zuzuhören. Ihre Versprechen, die Wirtschaft zu sanieren und die Korruption zu bekämpfen, werden mit Jubel begrüßt. „Zucker und Mais, die Kenia genügend produzieren, werden importiert“, ärgert sich Oppositionskandidat Reuben Chesire. „Die kleine Gruppe von Importeuren zahlt aber keinen Einfuhrzoll. Und die Behörden tun nichts dagegen, weil die Importeure die Behörden sind.“ Die Familien Chesire und Moi waren jahrzehntelang befreundet. Aber jetzt kandidiert Reuben Chesire für die Oppositionsallianz NARC, in der sich 15 Parteien um Präsidentschaftskandidat Mwai Kibaki geschart haben. Zahlreiche KANU-Mitglieder sind zu NARC gewechselt.

Selbst die traditionellen Moi-Wähler unter den ländlichen Kalenjin wenden sich vom Präsidenten ab. Südlich von Eldoret liegen die Nandi-Hügel mit zahllosen kleinen Dörfern. Auf den Wiesen steht das Gras hoch: Die meisten Viehzüchter mussten ihre Kühe verkaufen, weil sie nach dem Bankrott der KCC ihre Milch nicht mehr loswurden.

Der 48-jährige Eliud Rono hat gerade noch zwei Kühe. Sie grasen zwischen Maispflanzen. „Dieses Mal wähle ich nicht aus Gewohnheit eine Partei“, sagt der Bauer bestimmt. „Dieses Mal achte ich auf die Qualität der Kandidaten.“ILONA EVELEENS