„Ende des Kabeljaus“

Thilo Maack, Meeresbiologe bei Greenpeace, über die falsche Art Politik und die richtige Art, Fisch zu essen

taz: Herr Maack, wie bewerten Sie die Entscheidung des Fischereirates?

Thilo Maack: Aus der Reform wurde ein Reförmchen. Das ist das Ende für den Kabeljau. Der Fang hätte ab sofort verboten werden müssen.

Das sehen die Fischer ganz anders.

Selbstverständlich. Aber wenn die so weitermachen, dann sind sie ihren Job los. In allernächster Zeit.

Was macht Sie da so sicher?

Unsere Erfahrungen aus Neufundland. Dort ist vor zehn Jahren wegen Überfischung der Kabeljaubestand zusammengebrochen. Bis heute hat er sich davon nicht erholt. 30.000 Fischer verloren ihren Job. Das Gleiche steht jetzt den europäischen Fischern bevor.

Was kann den Kabeljau nach der Entscheidung jetzt noch retten?

Die Verbraucher könnten weniger Fisch essen. Und sie sollten darauf achten, Fisch aus sicheren Beständen zu kaufen. Das sind zurzeit Hering und Makrele aus dem Atlantik, alle anderen Fische in den Ladentheken sind aus überfischten Beständen. Übrigens muss jeder Fischhändler Auskunft geben, wo der Fisch gefangen wurde.

Bedeutet weniger Kabeljau automatisch steigender Preis?

Nein, die Subventionen werden dafür sorgen, dass der Preis stabil bleibt. Und die Fischer werden ihre Fangreviere ausweiten. Schon jetzt fischen große EU-Fischereiflotten den westafrikanischen Fischern die Ressource weg. Darum wünschen wir uns eigentlich höhere Preise. Nur so würde klar, dass Fisch eine endliche Ressource ist.

An der Plünderung anderer Fanggebiete hätte ein europäischer Fangstopp nichts geändert?

Das stimmt. Zumindest wäre ein solcher Stopp aber ein sehr klares Signal gewesen, dass die EU bereit ist, gegen die Überfischung vorzugehen.

Die nächsten Verhandlungen sind 2006. Gibt es den Kabaljau dann noch?

Als Art ja, als Wirtschaftsfaktor nein.

INTERVIEW: HANNA GERSMANN