Hamburger Genossen quälen Olaf Scholz

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion wählt einen erklärten Gegenspieler des Berliner Generalsekretärs zu ihrem neuen Chef

HAMBURG taz ■ Die Frage, ob er mit Landesparteichef Olaf Scholz gut zusammenarbeiten werde, beantwortet Walter Zuckerer nur knapp. „Wir haben keine andere Wahl.“ Eine ebenso dürre wie vielsagende Auskunft: Einerseits ist sie völlig untypisch für den wortgewaltigen neuen Vorsitzenden der Hamburger SPD-Bürgerschaftsfraktion, andererseits ist sie bezeichnend für sein mehr als kühles Verhältnis zum Generalsekretär der Bundespartei.

Seit Dienstagabend steht der 55-jährige Politologe und Hauptmann der Reserve Zuckerer im Zweifrontenkampf. Als Oppositionsführer soll er dem CDU-Bürgermeister Ole von Beust und dessen Innensenator Ronald Schill Paroli bieten. Zugleich soll er den Einfluss des 44-jährigen SPD-Landeschefs Scholz eindämmen. Der Losung „Olaf quälen, Walter wählen“ verdankt Zuckerer eine Zweidrittelmehrheit bereits im ersten Wahlgang – trotz zweier GegenkandidatInnen.

Seit langem ist das Verhältnis zwischen den beiden Politikern gespannt, die in den 90er-Jahren nacheinander Vorsitzende des linken SPD-Kreises Altona waren. Nahezu zerrüttet ist es seit zweieinhalb Jahren. Damals schaffte es Zuckerer als Wortführer der SPD-Linken nicht, deren Kandidatin in der Fraktionsführung durchzusetzen. Ein Managementfehler, den ein kühler Taktierer wie Scholz nicht verzeiht.

Nach der Wahlniederlage der 44 Jahre in Hamburg dauerregierenden SPD hatte Parteichef Scholz voriges Jahr den personellen Neuanfang diktiert. Der von ihm gestützte Fraktionschef Uwe Grund warf jedoch am vorigen Freitag nach massiver Kritik an seinen farblosen Auftritten das Handtuch. Scholz steht nun vor den Trümmern seiner eigenen Personalpolitik. Der profillose Gewerkschafter Grund sollte sein Statthalter in Hamburg sein, ihm aber als Bürgermeisterkandidat der SPD im Jahr 2005 nicht gefährlich werden.

Den Regierungschef Ole von Beust in die Defensive zu treiben, ist nun die Aufgabe Zuckerers. Dass der eloquente Polemiker, der politische Gegner mit unverhohlenem Genuss bis zur Weißglut zu reizen beliebt, als einziger Sozialdemokrat dem 47-jährigen Bürgermeister rhetorisch gewachsen ist, steht außer Frage. Das werde für den Rechts-Senat, prophezeien politische Beobachter, „kein Zuckerer-Schlecken“. Der härtere Kampf allerdings dürfte parteiintern auszutragen sein. Die SPD an die Macht zurückzubringen, könnte Scholz und Zuckerer im Team gelingen. Bürgermeister aber kann nur einer werden. SVEN-MICHAEL VEIT