Baden mit Nixen

Träumen mit Freaks: Der „Fernsucht“-Filmabend zeigt poetische, coole und bizarre Arbeiten junger Berliner Filmemacher

Fernsucht-Filme, im Rahmen des Kunstfestivals „167 c“, 21 Uhr, Schönhauser Allee 167 c; das Festival läuft noch bis Sonntag

Paulina ist gehbehindert. Doch ihr Handicap hält die Siebzigjährige nicht von ihrer Lieblingsbeschäftigung ab: Jeden Morgen geht sie hinunter an den Strand, zieht ihren Badeanzug an, steckt ihre Krücke in den Sand und steigt in die Fluten. Sobald Paulina im Wasser ist, verwandelt sie sich: Aus der schweren, behinderten Frau wird eine schwebende Nixe, die Liebeslieder singt.

„Cantando la vida“ heißt die zwanzigminütige dokumentarische Beobachtung von Wolf Marcus Göppner, die heute Abend zusammen mit den Beiträgen anderer junger Berliner Filmemacher bei „167 c“ zu sehen ist. Göppner, der an der Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) in Babelsberg studiert, schafft es, durch den Verzicht auf jeden Kommentar eine seltsame Nähe zu seinem Sujet entstehen zu lassen. Die Kamera von Ines Thomsen rückt der Badenden, die im Wasser ihre Behinderung überwindet, ganz nahe. Ein schönes und langsames Stück „Trashpoesie“ sei so entstanden, wie der Filmemacher Boris Laaser findet. Laaser, der in Kooperation mit dem Kook-Label, dem Veranstalter der Kunstaktion „167 c“, die Filme zum Thema „Fernsucht“ ausgewählt hat, zeigt vorrangig Arbeiten von Studenten oder Absolventen der HFF und von jungen freien Filmemachern. „Die Beiträge sind von Leuten, denen der kommerzielle Durchbruch noch bevorsteht“, meint Laaser, „das sind Leute auf dem Sprung, die zwar für A-Festivals gebucht sind, aber noch keine großen Geldgeber haben.“ Laaser will Filme zeigen, die sich um eine individuelle Ausdrucksform bemühen. Dazu gehört sicher auch der Kurzfilm „Strandgut“ von Maxi Strauch oder „Wetka“ von Patrick Lambertz und Torsten Lüders, die die Geschichte eines Geisteskranken erzählen, der sich aus seiner Zelle wegträumt. Paulina übrigens soll bei der Filmpremiere in Barcelona das öffentliche Interesse an ihrer Person sichtlich genossen haben. jsi