Diebische Milliardäre?
: „Das sind keine normalen Gangster“

Sich ergötzende Egoisten

Die 51 der rund 1.700 existierenden van Gogh-Werke, die die Bremer Kunsthalle derzeit ausstellt, sind für 1,3 Milliarden Euro versichert. Klaus Jenß, Technischer Leiter der Kunsthalle, ist für deren Sicherheit verantwortlich.

taz: Aus dem Amsterdamer van Gogh-Museum wurden gerade zwei Werke gestohlen. Wie ist die Stimmung bei Ihnen?

Klaus Jenß: Das schockt einen schon. Ich speziell habe mich sehr erschrocken, weil ich gerade vor wenigen Tagen im Amsterdamer Museum bei einem internationalen Sicherheits-Symposium war. Da habe ich mir kaum vorstellen können, dass so etwas passiert.

Die nächste Reaktion war: Schau noch mal genau hin, auf Grund der Insidertipps, die man natürlich hat – die ich hier aber nicht weitergeben kann: Wo ist vielleicht rein theoretisch noch ein Schwachpunkt, den man ausmerzen kann.

Und gab es welche? Immerhin hatten Sie schon rund 600.000 Euro für die Sicherheit ausgegeben.

Wir haben auf das Bisherige noch mal drauf gesattelt. Aber eigentlich sind es nur Kleinigkeiten, zum Teil Programmiergeschichten, um Alarmanlagen noch effizienter zu gestalten. Unser größtes Sicherheitskapital sind aber unsere Aufsichtskräfte.

Kann man das mit dem Sicherheitsstandard einer Bank vergleichen?

Auf jeden Fall. Wir haben einen ähnlichen Status wie eine große Bank. Das Positive an dem ganzen Ausstellungsstress, den wir jetzt haben, ist ja, dass wir dauerhaft einen deutlich höheren Sicherheitsstatus schaffen konnten. Das ist sehr wichtig, weil wir es uns nicht – wie auch kein anderes Museum auf der Welt – leisten können, unsere permanente Ausstellung zu versichern.

Ist Ihr Haus sicherer als das Amsterdamer Museum?

Auf Grund der ganz aktuellen Absicherungstechnik ist es das. Deswegen wollte der Amsterdamer Kollege am Samstag ja zu uns kommen, um sich unsere Sicherheitstechnik anzuschauen.

Was würde passieren, wenn bei Ihnen trotzdem ein Bild geklaut würde?

Das möchte ich mir gar nicht vorstellen, das wäre ein Trauma. Auch die Kollegen in Amsterdam haben sich nichts vorzuwerfen, und trotzdem ist es passiert. Die Gegenseite hat eben auch entsprechende Mittel – das sind keine normalen kleinen Gangster.

Aber faktisch sind die Bilder doch unverkäuflich. Wer also klaut sowas?

Das kann nur so sein, dass sich ein Milliardär täglich an seinem Bild erfreuen will. Also ein Egoist, der das Werk der Allgemeinheit entreißt, um sich daran zu ergötzen. Es gibt ja viele tolle Hobbies. Vielleicht hat einer das Hobby, van Gogh-Werke aus der frühen Zeit zu sammeln. Fragen: Henning Bleyl