Wie Efeu auf morschem Holz

Wie zwei Unternehmensberater Zufriedenheit managen und Menschen glücklicher machen wollen. Zum Beispiel im Wald. Da gucken sie sich mit Verkäufern Wurzeln, Pilze und Bäume an

Hinschauen, von der Natur lernen und dadurch besser verkaufen können

„Jesuiten sind die besten Marketing-Trainer“, meint der Pädagoge und Werbeberater Rainer Dietrich. Warum ausgerechnet diese bibelfesten Bittsteller? Weil sie schon seit Jahrhunderten so seelentief rein Klinken putzen im Namen des Herrn, anstatt dem langweiligen Mammon zu frönen? Nicht nur. „Sie lassen sich in Gesprächen auf ihre Gegenüber ein und suchen die gemeinsame Wellenlänge“, erklärt der Werbeberater vom Ganderkeseer „Institut für Zufriedenheitsmarketing“.

Psychologe Christian Drittler und er haben es sich zur Aufgabe gemacht, VerkäuferInnen „kommunikativ-psychologisch“ weiterzubilden, um diese auf die gleiche Welle wie ihre KundInnen zu beamen, damit sie locker durchs Gespräch surfen können.

Zweck der Übung: Zufriedenheit und Verkaufserfolg.

Schlüssel eines guten Verkaufsgesprächs ist demnach eine gelungene Kommunikation zwischen AnbieterInnen und KundInnen. Ob Spenden für die Christenseele oder Schnürsenkel verkaufen: Das Grundschema beim Verhökern ist immer das gleiche, aber in seiner Ausführung individuell auf die KundIn abzustimmen, meint Dietrich. Und genau dieser Punkt sei viel zu lange vernachlässigt worden.

„Den meisten Menschen widerstrebt es, sich damit auseinanderzusetzen, weil sie mit einfachen Psycho-Tricks für fremde Zwecke manipuliert worden sind“, sagt Drittler, der bei seinen Kunden und in der Menschheit überhaupt eine negative Haltung zum Marketing festgestellt hat.

Dem wollen die Zufriedenheitsmanager entgegewirken. Wichtig für den Verkaufserfolg sei die Partner- und Kundenanalyse. „Wer steht vor mir, wie will diese Person von mir behandelt werden?“ Das sind laut Dietrich die Kernfragen. Hier würden VerkäuferInnen ihre Hauptfehler begehen, weil sie nicht genug auf die Persönlichkeit ihrer Gegenüber eingingen. Gegenseitiges Unverständnis führe zu unnötigem Kräftemessen.

Was daran neu ist? „Ihre Ideen“, sagen die Berater, mit denen sie ihrem Klientel die gesprächstechnischen „Werkzeuge“ nahebringen wollen.

Das passiert auch im Wald. Im Hasbruch bei Hude bieten sie in Seminaren Anschauungsunterricht für die natürliche Vielfalt pflanzlicher Formen und Symbiosen. Diese Phänomene werden von den KundInnen beim so genannten „Walk Marketing“ vor Augen geführt und dienen den beiden Trainern als Metaphern für menschliches Zusammenleben und Kommunikation. „Da gucken wir uns Wurzeln, Pilze und Bäume an. Die Bäume stehen für bestimmte Konstellationen. Ein Paradebeispiel für die friedliche Koexistenz unterschiedlicher Arten sei die Symbiose von wachsendem Efeu auf morschem Holz.

„Wer steht vor mir, wie will diese Person von mir behandelt werden?“

„Die Leute sind begeistert, sehen bestimmte Zusammenhänge zum ersten Mal und übertragen das Naturerlebnis auf ihr Leben“, beschreibt Dietrich positive Reaktionen auf die Ausflüge. Hinschauen, von der Natur lernen und dadurch besser verkaufen können.

Dass hier allerdings die Buche der Erle Sauerstoff zum Sonderpreis andreht, ist nur ein böses Gerücht. Das auf Basis dieser Erfahrungen im Seminar vermittelte Grundgerüst nennt Dietrich sogar selbst „Nähkästchen der Manipulation“, auch wenn er das Wort „Manipulation“ wegen des negativen Beigeschmacks eher vermeidet. „Tolle Tipps“ lassen sich eben besser verkaufen als „Psycho-Tricks“.

Lutz Steinbrück