zahl der woche
: Die UNO ist weltweit größter Abnehmer von Kondomen. Condomi will profitieren

„Wir erfinden neue Märkte“

Dass Kondome in vielen Gegenden Afrikas noch Mangelware sind, ist mittlerweile bekannt. Auch dass Aids auf dem Kontinent längst epidemische Ausmaße angenommen hat. So werben denn auch die Vereinten Nationen (UNO), die sich weltweit in zahlreichen Projekten der Familienplanung und Gesundheitsvorsorge engagieren, nicht nur für die Gummis als einzigen sicheren Schutz gegen die Übertragung des HI-Virus. Sie stellen sie auch bereit. Mit einem jährlichen Bedarf von 500 bis 600 Millionen Stück sind sie größter Abnehmer weltweit.

Dabei setzen sie die Kondome nicht nur im Kampf gegen die Ausbreitung der Immunschwächekrankheit in der einheimischen Bevölkerung ein. Sie brauchen sie auch für ihre Blauhelmsoldaten: Im Jahr 2000 beschloss der UN-Sicherheitsrat, die Ausgaben für Kondome grundsätzlich ins Budget von Friedensmissionen aufzunehmen. Als Regel gilt: pro Mann und Tag ein Kondom. So soll verhindert werden, dass die Soldaten auf ihren Missionen in Krisengebieten zu Überträgern der tödlichen Immunschwächekrankheit werden.

Die UNO greift auf vier bis sechs ausgewählte Lieferanten zurück. Für die Hersteller ist das ein günstiges Geschäft. „Die Vereinten Nationen sind gute Zahler“, sagt Frank Tillmanns vom Kölner Kondomhersteller Condomi. Das Unternehmen hat sich letztes Jahr als Lieferant beworben und erwartet im Dezember hohen Besuch von der UNO.

Anne Fabiani, die Chefin des UN-Amts für Beschaffung, kommt mit technischen Mitarbeitern, um die Angaben von Condomi zu Qualität und Produktionsmethoden vor Ort überprüfen. Werden die Fabriken von Erfurt und im polnischen Krakau für gut befunden, könnte Condomi einer der sechs UN-Lieferanten werden.

120 Millionen Kondome pro Jahr würde die UNO dann wohl abnehmen, hofft Tillmanns. Schon jetzt erwartet Condomi einen Umsatz von 720 Millionen Kondomen im Geschäftsjahr 2003 – mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr, als 250 Millionen Gummis produziert wurden.

Im Kondomgeschäft ist das Problem nicht der Absatz, sondern die Produktion. „Der Weltmarkt wächst jährlich um 500 Millionen Kondome“, sagt Tillmanns. „Die Produzenten können den Bedarf gar nicht decken.“ Mit den modernisierten ehemaligen Blausiegelwerken in Erfurt habe Condomi jetzt das „wahrscheinlich modernste Kondomwerk der Welt“.

Das Unternehmen hat bereits Erfahrungen mit den Vereinten Nationen. Letztes Jahr unterstützte die Firma die United Nations Volunteers (UNV), die Freiwilligenorganisation der UNO. Überhaupt sieht sich Condomi als „sozial engagiertes Unternehmen“. „Wir hatten schon immer enge Verbindungen zu Nichtregierungsorganisationen“, sagt Sprecher Tillmanns. Condomi sei beispielsweise Sponsor der Deutschen Aids-Hilfe. Auch in Südafrika engagiert sich das Unternehmen in einem Projekt gegen HIV: Verkäufern in Townships werden Kondome direkt geliefert, diese können sie dann günstig verkaufen. So haben die Verkäufer ein Einkommen, und Kondome sind preiswerter und verfügbar.

Für Condomi geht es dabei natürlich trotz allem in erster Linie ums Geld. „Wir erfinden neue Märkte“, so Tillmanns. So lasse sich „das Geschäft gut mit sozialem Engagement verbinden“. Condomi will nächstes Jahr auch eine Fabrik in Südafrika eröffnen. „Der Bedarf an Kondomen ist da“, sagt Tillmanns. „Es ist doch eine Katastrophe, dass es in den Townships keine Kondome gibt.“

DIRK ECKERT