Ökologische Landwirtschaft
: „VerbraucherAn-Stiftung“ wirbt für Bio-Anbau

Kühe sind ja gar nicht lila

„Zwei Drittel aller Kindergartenkinder glauben, dass Kühe lila sind und die Milch aus der Tüte kommt“, sagt Thomas Warnken von der neuen Bremer „VerbraucherAn-Stiftung“. Sie will Verbraucher anstiften, ein bisschen mehr auf Öko zu setzen. Beide Initiatoren, die Bremer Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft und der Verein Sozialökologie, wollen allzu lila-rosa Blicke auf die Landwirtschaft vermeiden – quasi als ökologische Sehhilfe für die KonsumentInnen am Ende der Nahrungskette.

Aufklärungsbedarf gibt es nicht nur bei den Kleinen: „Die Bereitschaft für ‚Klasse statt Masse‘, also für artgerecht und umweltverträglich erzeugte Lebensmittel, wächst sehr langsam“, sagt Warnken. Ob BSE-Skandal, Rinderwahnsinn oder nikotinvergiftete Hühner: Einem panikartig geschürten Medienhype folge fast immer ein kurzzeitiger Verzicht auf das jeweilige Tierfleisch. Ein halbes Jahr später habe Ottilie Normalverbraucherin die erste Angst längst verdrängt und ernähre sich wieder wie vorher.

„Das Essverhalten wird anerzogen“, erklärt Stifter Ulrich Draub. „Kinder übernehmen unreflektiert die Ernährungsgewohnheiten der Eltern. Das zu ändern, ist schwer.“ Solch einem gedankenlosen Vorkauen wollen die AnstifterInnen entgegenwirken: Schulpraktika auf dem Ökohof sollen finanziell gefördert werden, geplant sind zudem Anschubfinanzierungen für Öko-Projekte. Noch aber suchen sie selbst nach Sponsoren. BremerInnen seien in Sachen Bio-Anbau relativ aufgeklärt, meint die Öko-Aktivistin Jutta Draub-Ketelaar. „Hier gibt es viele Naturkostläden, Wochen- und Bauernmärkte.“ Trotzdem reiche das vorhandene Bewusstsein noch nicht aus. Bei der zweiten anvisierten Klientel, den hiesigen LandwirtInnen, rechnen die StifterInnen mit einer Sisyphusarbeit. Diese anzuspitzen sei schwieriger, denn „für die Bauern entscheidet allein das Geld“, glaubt Ex-Bio-Bauer Warnken. „Sie sind abhängig von Großgenossenschaften und liefern zum Beispiel ihre Milch für den überregionalen Markt ab. Wir sind für mehr Selbstständigkeit und fordern eine eigene Bremer Meierei.“ Lokale Selbstversorgung ist das Ideal der Stiftung. Im Moment produzieren von 220 Höfen in Bremen nur mickrige zwei biologisch. Deren Anteil soll sich aber im Zuge der Agrarwende à la Renate Künast erhöhen. „In fünf Jahren soll auf zehn Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche ökologisch angebaut werden“, so Warnken. Die neue Stiftung setzt auch für Bremen auf rot-grün – denn die Große Koalition sehe Agrarland bislang lediglich als für Bau- und Verkehrsvorhaben reservierte Freiflächen. Lutz Steinbrück