Wer kennt Kent?

Mit zaghafter Laszivität: die Chansonniers Kent und Corinne Douarre und ihr charmantes Duettprogramm

Als Corinne Douarre von der Bühne herab ins Publikum fragt, wer Kent kennt, heben sich zehn Arme. Als sie weiter fragt, wer Kent wirklich kennt, sind es nur noch drei. Die verzagte Geste löst Heiterkeit aus wie ein Witz unter Eingeweihten. Die Pointe: Am Mittwochabend trat ein berühmter Chansonnier in Berlin auf, und kaum jemand hat es gemerkt. Denn Kent kennt man hier tatsächlich nicht. In Frankreich gehört der 45-Jährige zur A-Liga des Chansons und ist außerdem als Comiczeichner, Songschreiber und Romanautor bekannt. Sein neues Album, „Je ne suis qu'une chanson“, das im Oktober herausgekommen ist, wird von der französischen Musikpresse gefeiert.

In Berlin tritt der Chansonnier bescheiden auf, in der Ufa-Fabrik, gemeinsam mit der Chanteuse Corinne Douarre. Er bietet kein Popspektakel, sondern ein Tête-à-tête, das ohne Dekor und Choreografie auskommt und die physische Nähe zwischen Künstler und Publikum erlaubt.

„Nous sommes mille kilomètres“, zu Deutsch „wir sind tausend Kilometer“, ist ein charmantes französisches Duettprogramm, mit einer zaghaften und plötzlich lasziven Douarre, die über Erotik im Schwimmbad singt und dem Publikum auf Deutsch erzählt, wie sie Kent getroffen hat, und mit einem lächelnden, hüftschwingenden, tänzelnden Kent, der Songs von Brel interpretiert, eigene Stücke über Abschied und Ferne singt und beim Gitarrensolo auf die Knie geht, um zur Abwechslung mal das Haus zu rocken. Für Corinne Douarre ist ein Chanson erst echt mit dem „Mix von Text, Melodie und Interpretation“, der die Live-Performance unverzichtbar mache. Die in Berlin lebende, 32 Jahre alte Sängerin, die mit ihrem Soloprogramm „Virages“ im Grünen Salon Erfolge feierte, traf Kent bei den Aufnahmen einer Chansonkonzertreihe des Saarländischen Rundfunks. „Es war Liebe auf den ersten Blick – musikalisch“, sagt Douarre, „wir haben festgestellt, dass wir ähnlich sind, dass wir es zum Beispiel lieben, mit dem Zug zu fahren.“ Das Berlin-Programm „Nous sommes mille kilomètres“ soll in nur drei Tagen entstanden sein. Man merkt es nicht. JANA SITTNICK

Heute, 20.30 Uhr, Ufa-Fabrik, morgen, 20 Uhr, Mosquito (Danziger Str. 101)